Startseite | Impressum | Datenschutz

Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

16.05.2022
Arbeitnehmer müssen Überstunden darlegen und beweisen


Der Arbeitnehmer hat zur Begründung einer Klage auf Vergütung geleisteter Überstunden darzulegen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden Umfang geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers hierzu bereitgehalten hat. Er hat weiter vorzutragen, dass der Arbeitgeber die geleisteten Überstunden ausdrücklich oder konkludent angeordnet, geduldet oder nachträglich gebilligt hat. Eine reine Auflistung von angeblich geleisteten Arbeitszeiten ist nicht ausreichend. Diese vom BAG entwickelten Grundsätze zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für die Leistung von Überstunden durch den Arbeitnehmer und deren Veranlassung durch den Arbeitgeber werden durch die auf Unionsrecht beruhende Pflicht zur Einführung eines Systems zur Messung der vom Arbeitnehmer geleisteten täglichen Arbeitszeit nicht verändert, BAG v. 4.5.2022 - 5 AZR 359/21.


21.01.2022
Übersicht zur einrichungsbezogenen Impflicht ab dem 15.03.2022


Ab wann gilt die Nachweispflicht? Beschäftigte in den betroffenen Einrichtungen und Unternehmen müssen den Impf- oder Genesenennachweis dem Gesundheitsamt frühestens ab dem 16.3.2022 nach dessen Aufforderung vorlegen.
Wann ist eine Person in einer Einrichtung oder in einem Unternehmen "tätig"? Das BMG formuliert hier vorsichtig, dass erforderlich sein dürfte, dass die Personen nicht nur zeitlich ganz vorübergehend (= nicht nur jeweils wenige Minuten) in der Einrichtung tätig sind. Das soll z.B. bei (externen) Handwerkern der Fall sein, die Reparaturen im Gebäude durchführen, nicht aber bei Postboten oder Paketzustellern.
Was passiert, wenn sog. Alt-Arbeitnehmer keinen Nachweis vorgelegen? Personen, die bereits jetzt in den betroffenen Einrichtungen und Unternehmen tätig sind und die erforderlichen Nachweise nicht vorlegen, muss der Arbeitgeber dem Gesundheitsamt melden. Dieses wird den Fall prüfen und die Person ggf. zur Vorlage des entsprechenden Nachweises auffordern. Im nächsten Schritt kann das Gesundheitsamt gegenüber dem Beschäftigten ein Betretungs- bzw. Tätigkeitsverbot aussprechen. Kommt der Arbeitnehmer der Aufforderung des Gesundheitsamtes nicht nach, begeht er eine Ordnungswidrigkeit gem. § 73 Abs. 1a Nr. 7f bzw. 7h IfSG.
Was gilt in Bezug auf nach dem 15.3.2022 eingestellte Arbeitnehmer: Diese dürfen ohne den erforderlichen Nachweis nicht in den betroffenen Einrichtungen und Unternehmen beschäftigt oder tätig werden.
Können die Gesundheitsämter auch ohne Benachrichtigung kontrollieren? Ja.
Welche arbeitsrechtlichen Folgen können sich für die betroffenen Personen ergeben, wenn keine Nachweise vorgelegt werden? Auch hier formuliert das BMG vorsichtig: Wenn das Gesundheitsamt ein Vertretungs- oder Tätigkeitsverbot ausgesprochen hat, „dürfte“ der Arbeitnehmer in der Regel seinen Vergütungsanspruch verlieren. Verweigert der Arbeitnehmer dauerhaft eine Impfung, kann als letztes Mittel – nach Ausspruch einer Abmahnung – eine Kündigung in Betracht kommen.
Wann begeht der Arbeitgeber eine Ordnungswidrigkeit? Er handelt ordnungswidrig, wenn er entgegen der gesetzlichen Verbote eine Person beschäftigt oder im Fall einer Benachrichtigungspflicht die Gesundheitsämter nicht informiert.
Wie hoch können die Geldbußen sein und können sie wiederholt verhängt werden? Sowohl Arbeitgeber als auch Beschäftigte müssen bei Verstößen mit einer Geldbuße bis zu 2.500 EUR rechnen. Eine wiederholte Verhängung der Geldbuße kommt in Betracht, wenn eine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung vorliegt oder ein neu gefasster (Unterlassungs-)Entschluss anzunehmen ist.
Kann die Impfpflicht durch Zwang durchgesetzt werden? Nein.


24.03.2021
Kein Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit Null


Ein Arbeitnehmer erwirbt keinen Urlaubsanspruch gem. § 3 BUrlG, während er sich in Kurzarbeit Null befindet. Der Jahresurlaub wird entsprechend anteilig gekürzt. Das hat das LAG Düsseldorf für eine Verkaufshilfe mit Backtätigkeit am 12.3.2021 entschieden (6 Sa 824/20). Die Revision wurde zugelassen.


17.12.2019
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist auch bei neuer Krankheit grds. auf sechs Wochen beschränkt

Der gesetzliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist auch dann auf die Dauer von sechs Wochen beschränkt, wenn während bestehender Arbeitsunfähigkeit eine neue, auf einem anderen Grundleiden beruhende Krankheit auftritt, die ebenfalls Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht nur, wenn die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits zu dem Zeitpunkt beendet war, zu dem die weitere Erkrankung zur Arbeitsunfähigkeit führte, BAG v. 11.12.2019 - 5 AZR 505/18.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin war bei der Beklagten als Fachkraft in der Altenpflege beschäftigt. Infolge eines psychischen Leidens wurde sie arbeitsunfähig. Die folgenden sechs Wochen leistete die Beklagte die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Im Anschluss unterzog sich die Klägerin wegen eines gynäkologischen Leidens einer seit längerem geplanten Operation. Ihre niedergelassene Frauenärztin bescheinigte als "Erstbescheinigung" eine Arbeitsunfähigkeit für weitere sechs Wochen. In diesem Zeitraum erhielt sie von der Beklagten keine Entgeltfortzahlung mehr, wogegen sich ihre Klare u.a. richtete.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten wies das LAG ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BAG keinen Erfolg.

Die Gründe:
Der Klägerin steht kein Entgeltfortzahlungsanspruch für die weiteren sechs Wochen zu.

Ist der Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig und schließt sich daran in engem zeitlichen Zusammenhang eine im Wege der "Erstbescheinigung" attestierte weitere Arbeitsunfähigkeit an, hat der Arbeitnehmer im Streitfall darzulegen und zu beweisen, dass die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt des Eintritts der weiteren Arbeitsverhinderung geendet hatte. Dies ist der Klägerin nicht gelungen. Es konnte nicht festgestellt werden, dass ein einheitlicher Verhinderungsfall nicht vorlag


14.05.2019
Arbeitgeber müssen zukünftig die gesamte tägliche Arbeitszeit ihre Mitarbeit dokumentieren, EuGH v. 14.5.2019 - C-55/18

Im gesamten Bereich der Europäischen Union gilt die Arbeitszeitrichtlinie RL2003/88/EG. In Umsetzung dieser Richtlinie wurde in Deutschland das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) erlassen.

Dieses Gesetz sieht unter anderem in § 3 Satz 1 vor, dass die werktägliche Arbeitszeit von Arbeitnehmern 8 Stunden nicht überschreiten darf. Nachdem als Werktage im Sinne des Arbeitszeitrechts alle Tage mit Ausnahme von Sonnen-und gesetzlichen Feiertagen zu verstehen sind, ergibt dies grundsätzlich eine mögliche 48 Stunden Woche. Nach § 3 Satz 2 ArbZG kann die werktägliche Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Bei einer 5-Tage-Woche von Montag bis Freitag kann dementsprechend durchgehend bis zu 9,6 Stunden pro Tag gearbeitet werden, da der arbeitsfreie Samstag dazu führt, dass in dem Ausgleichszeitraum im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden (9,6 Stunden x fünf Arbeitstage / sechs Werktage = 8 Stunden pro Tag).

Zusätzlich gibt es eine Aufzeichnungspflicht bezüglich der Arbeitszeit. Bis zu dem heutigen Urteil des europäischen Gerichtshofes konnte man sich als Arbeitgeber auf die Regelung des § 16 Abs. 2 ArbZG verlassen. Demnach war der Arbeitgeber verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 ArbZG (08 Stunden) hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Nur an Sonn- und Feiertagen bestand bislang die Pflicht zur vollumfänglichen Aufzeichnung, also von der ersten Arbeitsstunde an, da es sich bei Sonnen-und Feiertagen nicht um Werktage handelt.

Diese Einschränkung auf die Arbeitszeiten, die über 8 Stunden täglich hinausgehen, hat der EuGH nun aufgehoben.

Die Mitgliedstaaten müssen die Arbeitgeber vielmehr verpflichten, ein System einzurichten, mit dem die tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. Begründet hat das Gericht die Entscheidung im wesentlichen damit, dass bei einer fehlenden Messung der vollständigen Arbeitszeiten nicht nachgeprüft werden kann, ob die in der Richtlinie festgelegten zeitlichen Beschränkungen tatsächlich beachtet werden. Darüber hinaus mache das Fehlen einer vollständigen Aufzeichnung es für den Arbeitnehmer viel schwieriger, seine Rechte in einem Gerichtsverfahren zu wahren, da ihm dadurch eine wesentliche Nachweismöglichkeit genommen wird. Es obliegt den Mitgliedstaaten, die konkreten Modalitäten zur Umsetzung eines solchen Systems, insbesondere der von ihm anzunehmenden Form, zu bestimmen und dabei ggf. den Besonderheiten des jeweiligen Tätigkeitsbereichs oder Eigenheiten, sogar der Größe, bestimmter Unternehmen Rechnung zu tragen.

Fazit:

Arbeitgeber müssen daher zukünftig bei jedem Arbeitnehmer die vollständige Arbeitszeit aufzeichnen und diese Aufzeichnungen zwei Jahre aufbewahren. Als Mittel zur Arbeitszeiterfassung kommen zum Beispiel Stundenzettel, Excel-Tabellen, Stechuhrkarten oder elektronische Zeiterfassungssysteme in Betracht. Nachdem ein Verstoß mit Bußgeldern von bis zu 15.000 € geahndet werden kann und in Extremfällen auch eine Strafbarkeit der verantwortlichen Organe in Betracht kommt, sollte diese Verpflichtung ernst genommen werden.



06.11.2018
Urlaubsanspruch verfällt nicht automatisch

Seit Inkrafttreten des Bundesurlaubsgesetzes am 8.01.1963 war es ständiges Grundprinzip des deutschen Urlaubsrechts: Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr genommen werden (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG), sonst verfällt er. Nur im Ausnahmefall, nämlich wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen, konnte der Urlaubsanspruch auf das Folgejahr übertragen werden (§ 7 Abs. 3 Satz 2 BurlG). Aber auch dann verfällt der Urlaubsanspruch spätestens zum 31.3. des Folgejahres (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG).

Dies gilt nun seit einem Urteil des EuGH am 06.11.2018 nicht mehr:

Ein Arbeitnehmer darf seine erworbenen Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nicht automatisch deshalb verlieren, weil er keinen Urlaub beantragt hat. Die Ansprüche können nur untergehen, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Sachlage darauf verzichtet hat, seinen Jahresurlaub zu nehmen, nachdem er in die Lage versetzt worden war, seinen Urlaub tatsächlich rechtzeitig nehmen zu können (EuGH 6.11.2018, C-619/16 u. C-684/16).

Arbeitgeber sollten daher alle Arbeitnehmer mit einigem zeitlichen Vorlauf vor Jahresende förmlich auffordern, ihren Resturlaub zu nehmen und sie gleichzeitig über die Möglichkeit eines Verfalles belehren. Eine solche Belehrung könnte beispielsweise durch Rundschreiben an alle Mitarbeiter geschehen, dessen Kenntnisnahme dann jedoch durch die Mitarbeiter durch Unterschrift bestätigt werden müsste. Oder aber die Belehrung wird einer Gehaltsabrechnung beigefügt. Nachdem die Belehrung jedoch so rechtzeitig erfolgen muss, dass der Mitarbeiter faktisch noch Zeit hat, den Urlaub einzubringen, dürfte wohl hier höchstens die Abrechnung für Oktober, spätestens November in Betracht kommen.

Denn dann würden Urlaubsansprüche wohl verfallen, wenn Arbeitnehmer sie trotz Aufforderung und Belehrung nicht nehmen.


08.08.2018
Unbefristetes Arbeitsverhältnis durch Weiterbeschäftigung nach Berufsausbildung aufgrund gesetzlicher Fiktion des § 24 BBiG

Die gesetzliche Fiktion des § 24 BBiG, durch die bei Beschäftigung des Auszubildenden im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als begrünet gilt, setzt als subjektives Tatbestandsmerkmal grundsätzlich voraus, dass der Ausbildende oder ein zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigter Vertreter Kenntnis von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses und der Weiterbeschäftigung hat (BAG 20.3.2018, 9 AZR 479/17).


08.06.2018
BVerfG kippt BAG-Rechtsprechung zum Vorbeschäftigungsverbot

Nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ist es im Bereich der sachgrundlosen Befristung nach dem Gesetzeswortlaut nicht zulässig, einen befristeten Arbeitsvertrag mit einem Arbeitnehmer abzuschließen, der irgendwann zuvor schon einmal im Unternehmen beschäftigt war. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Regelung in einer Grundsatzentscheidung jüngst dahingehend ausgelegt, dass dieses Befristungsverbot nur gilt, wenn der betroffene Arbeitnehmer in einem Zeitraum von 3 Jahren vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses im Unternehmen beschäftigt war. Das Bundesarbeitsgericht begründete dies damit, dass ein zeitlich unbefristetes Vorbeschäftigungsverbot verfassungswidrig sei.

Dem ist das Bundesverfassungsgericht nun nicht gefolgt. Das Vorbeschäftigungsverbot in § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ist verfassungsgemäß. Es kann allerdings - entgegen der Auffassung des BAG - nicht dahingehend ausgelegt werden, dass eine weitere sachgrundlose Befristung zwischen denselben Vertragsparteien zulässig ist, wenn zwischen den Arbeitsverhältnissen ein Zeitraum von mehr als drei Jahren liegt (BVerfG 6.6.2018, 1 BvR 1375/14 u.a.)


13.04.2018
Außerdienstliche Straftat rechtfertigt nur unter bestimmen Umständen eine fristlose Kündigung

Grundsätzlich kann zwar auch bei außerdienstlichem Fehlverhalten eine fristlose Kündigung in Betracht kommen, wenn das Fehlverhalten, die Eignung des Arbeitnehmers entfallen lässt. Es kommt dabei jedoch auf die Art und Schwere des Delikts, die konkret geschuldete Arbeitstätigkeit und die Stellung im Betrieb an (LAG Düsseldorf 12.4.2018, 11 Sa 319/17).


14.04.2018
Verdachtskündigung bei nicht ausreichender Frist zur Stellungnahme zu den Vorwürfen unwirksam


Wer einem Arbeitnehmer gegenüber eine Verdachtskündigung aussprechen will, kann dies bei hinreichend schwerem Verdacht rechtlich wirksam tun. Der Arbeitgeber muss aber den betroffenen Mitarbeiter vorher zu den Vorwürfen anhören. Dabei ist ihm eine angemessene Zeit für die Beantwortung einzuräumen. Setzt der Arbeitgeber dagegen eine zu kurze Frist und kündigt dem Arbeitnehmer nach deren Ablauf, ohne dass die Stellungnahme des Betroffenen vorliegt, so ist die Kündigung als Verdachtskündigung rechtsunwirksam (LAG Schleswig-Holstein 21.3.2018, 3 Sa 398/17).

Im entschiedenen Fall betrug die Stellungnahmefrist nicht einmal 2 volle Arbeitstage. Wir empfehlen die Einräumung einer Frist von einer Woche. Zwar muss auch eine außerordentliche Verdachtskündigung wie auch die normale außerordentliche Kündigung innerhalb von 2 Wochen ausgesprochen werden, nachdem der Arbeitgeber Kenntnis über die Umstände erlangt hat, die der Kündigung zu Grunde liegen. Bei einer Verdachtskündigung beginnt diese Zweiwochenfrist jedoch erst nach Abschluss der Anhörung zu laufen.


08.08.2016
Fristlose Kündigung eines Autohausverkäufers wegen Trunkenheitsfahrt kann wirksam sein

Auch wenn es sich beim Kündigungssachverhalt (hier: illegales Autorennen unter Alkoholeinfluss) um ein außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers handelt, kann eine fristlose Kündigung wirksam sein, wenn das Vertrauen des Arbeitgebers in die Eignung des Arbeitnehmers (hier: als Autoverkäufer) durch sein Verhalten schwer erschüttert wurde und das Ansehen des Hauses gefährdet ist. Dies gilt vor allem, wenn der Arbeitnehmer wegen eines vergleichbaren Fehlverhaltens im Straßenverkehr zuvor bereits abgemahnt worden war (ArbG Düsseldorf 12.7.2016, 15 Ca 1769/16).


05.08.2016
Bonusanspruch: Volle Leistungsüberprüfung durch das Gericht

Behält sich der Arbeitgeber vertraglich vor, über die Höhe eines Bonusanspruchs nach billigem Ermessen zu entscheiden, unterliegt diese Entscheidung der vollen gerichtlichen Überprüfung. Entspricht die Entscheidung nicht billigem Ermessen, ist sie gem. § 315 Abs. 3 BGB als unverbindlich anzusehen und die Höhe des Bonus durch das Gericht auf Grundlage des Vortrages der Parteien festzusetzen (BAG 3.8.2015, 10 AZR 710/14).


02.08.2016
Kein Diskriminierungsschutz für Scheinbewerbungen

Eine Situation, in der eine Person mit ihrer Stellenbewerbung nicht die betreffende Stelle erhalten, sondern nur den formalen Status als Bewerber erlangen möchte, und zwar mit dem alleinigen Ziel, eine Entschädigung geltend zu machen, fällt nicht unter den Begriff "Zugang zur Beschäftigung oder zu abhängiger Erwerbstätigkeit" i.S.d. Bestimmungen und kann, wenn die nach Unionsrecht erforderlichen Tatbestandsmerkmale vorliegen, als Rechtsmissbrauch bewertet werden (EuGH 28.7.2016, C-423/15).


01.08.2016
Kosten eines Arbeitnehmers für die Feier eines Dienstjubiläums können als Werbungskosten berücksichtigt werden

Ein Dienstjubiläum ist ein berufsbezogenes Ereignis. Aufwendungen für eine betriebsinterne Feier anlässlich eines Dienstjubiläums können (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst und damit als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sein, wenn der Arbeitnehmer die Gäste nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien einlädt (BFH 20.1.2016, VI R 24/15).


01.07.2016
Ab 01.07.2016 gilt auch für Lohnansprüche eine Verzugspauschale von 40,00 €

Mit Wirkung zum 29.07.2014 wurde § 288 Abs. 5 BGB in das BGB eingefügt. Danach hat der Gläubiger bei Entgeltforderungen, deren Schuldner kein Verbraucher ist, Anspruch auf eine Verzugspauschale in Höhe von 40,00 Euro. Das soll den Aufwand des Gläubigers kompensieren. Diese Norm gilt nun ab dem 01.07.2016 für Vergütungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, sofern die Gegenleistung (Arbeitsleistung) nach dem 30.06.2016 erbracht wird, also ab dem Gehalt für Juli 2016


01.07.2016
Der gesetzliche Mindestlohn gilt auch für Bereitschaftszeiten - Gesamtbetrachtung erforderlich

Der gesetzliche Mindestlohn gilt auch für Bereitschaftszeiten, während derer sich der Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten muss, um bei Bedarf die Arbeit aufzunehmen. Der Anspruch auf den Mindestlohn ist allerdings bereits dann erfüllt, wenn die Monatsvergütung für alle Vollarbeits- und Bereitschaftsstunden den gesetzlichen Mindestlohn insgesamt erreicht (BAG 29.6.2016, 5 AZR 716/15).


16.06.2016
Arbeitgeber haften regelmäßig nicht für illegales Filesharing am Arbeitsplatz durch ihre Mitarbeiter

Wenn Arbeitnehmer über ihren betrieblichen Internetanschluss illegal Filesharing betreiben und Musik herunterladen, haftet der Arbeitgeber hierfür regelmäßig weder als Störer noch als Täter. Eine Störerhaftung scheidet zumindest bei erwachsenen Mitarbeitern aus, weil den Arbeitgeber insoweit weder anlasslose Belehrungs- noch Kontrollpflichten treffen. Eine Haftung des Arbeitgebers als Täter kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn zum fraglichen Zeitpunkt auch mindestens ein namentlich benannter Mitarbeiter die Tat hätte begehen können (AG Charlottenburg 8.6.2016, 231 C 65/16).


20.05.2016
Verstoß gegen Handyverbot im Betrieb rechtfertigt nicht ohne weiteres eine Kündigung

Der Verstoß eines Arbeitnehmers gegen ein betriebliches Handyverbot kann zwar grds. einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB darstellen. Hat dieser Verstoß aber keine nachteiligen Folgen für den Arbeitgeber, ist eine deswegen ausgesprochene außerordentliche Kündigung unwirksam. Auch eine ordentliche Kündigung ist ohne vorangegangene Abmahnung nicht sozial gerechtfertigt (ArbG Karlsruhe 29.12.2015, 1 Ca 206/15).


18.05.2016
Keine betriebsbedingte Kündigung bei Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für deutlich weniger Gehalt

Eine betriebsbedingte Kündigung ist unwirksam, wenn eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz objektiv möglich und zumutbar ist. Ein solches alternatives Arbeitsplatzangebot ist nur entbehrlich, wenn der Arbeitgeber nicht mit einer Annahme des Angebots durch den Arbeitnehmer rechnen kann. Dies kann nur in Extremfällen angenommen werden, wenn das Angebot quasi einen beleidigenden Charakter gehabt hätte. Das ist nicht schon bei einer um mehrere Entgeltgruppen niedrigeren Vergütung der Fall (ArbG Bonn 6.4.2016, 5 Ca 2292/15).


17.05.2016
Elternzeitverlangen unterliegt der strengen Schriftform - E-Mail oder Fax reichen nicht


Für das Elternzeitverlangen gem. § 16 Abs. 1 BEEG gilt die strenge Schriftform i.S.v. § 126 Abs. 1 BGB. Arbeitnehmer/innen müssen das Verlangen daher eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnen. Ein Telefax oder eine E-Mail genügen der Schriftform nicht und führen deshalb zur Nichtigkeit der Erklärung. Dies hat u.a. zur Folge, dass der Sonderkündigungsschutz des § 18 BEEG nicht gilt (BAG 10.5.2016, 9 AZR 145/15).


13.05.2016
Bundeskabinett beschließt Reform des Mutterschutzgesetzes

Das Bundeskabinett hat am 4.5.2016 den vom Bundesfamilienministerium vorgelegten Gesetzentwurf zur Neuregelung des Mutterschutzrechts beschlossen. Ziel der Neuregelung ist es, Schwangere, Mütter und ihre Kinder besser zu schützen und das aus dem Jahr 1952 stammende Mutterschutzgesetz (MuSchG) an die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen.

Die Kernpunkte der geplanten Neuregelung im Überblick:

Längere Schutzfristen bei behinderten Kindern: Die Schutzfrist nach der Geburt eines behinderten Kindes soll von acht auf zwölf Wochen verlängert werden können. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Geburt für die Mutter in solchen Fällen häufig mit besonderen körperlichen und psychischen Belastungen verbunden ist. Hinzu kommt der höhere Pflegebedarf von behinderten Kindern.
Kündigungsschutz bei Fehlgeburten: Der Sonderkündigungsschutz des MuSchG soll künftig auch für Frauen gelten, die nach der zwölften Woche eine Fehlgeburt erlitten haben.
Erweiterter Anwendungsbereich des MuSchG: Künftig soll das MuSchG nicht mehr nur für Frauen gelten, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, sondern auch für Schülerinnen und Studentinnen, wenn die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt oder die Schülerinnen oder Studentinnen im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung ein verpflichtend vorgegebenes Praktikum ableisten. Weiter soll das MuSchG auch für arbeitnehmerähnliche Personen, Frauen mit Behinderung in Werkstätten für Menschen mit Behinderung, Praktikantinnen und Frauen in betrieblicher Berufsbildung gelten. Zudem wird klargestellt, dass die mutterschutzrechtlichen Regelungen beispielsweise auch auf Teilnehmerinnen des Bundesfreiwilligendienstes oder Entwicklungshelferinnen Anwendung finden.
Bessere Arbeitsbedingungen für werdende Mütter: Die Arbeitsbedingungen sollen mit größtmöglicher Sorgfalt für die Gesundheit der Schwangeren und ihres ungeborenen Kindes angepasst werden. Dadurch soll die Frau ihre Arbeit ohne Beeinträchtigung ihrer Gesundheit oder der ihres Kindes fortsetzen können. Das soll Benachteiligungen während der Schwangerschaft und nach der Entbindung verhindern.
Bessere Regelungsstruktur: Durch den Gesetzentwurf sollen die Regelungen zum Mutterschutz besser strukturiert und übersichtlicher gestaltet werden. So soll etwa die bisher geltende Verordnung zum Schutz der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV) in das Mutterschutzgesetz integriert werden.
Weiterer Gang des Gesetzgebungsverfahrens: Das Gesetz soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden und am 1.1.2017 in Kraft treten.

Der Hintergrund:
Das Mutterschutzgesetz gibt es seit 1952 und es wurde seitdem nur geringfügig geändert. Kernpunkte des geltenden Rechts sind ein Beschäftigungsverbot für Frauen sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt. Bei Frühgeburten oder Zwillingen verlängert sich die Zeit nach der Geburt auf zwölf Wochen. Gefährliche Arbeiten, Nachtschichten oder auch Akkord- und Fließbandarbeit sind für Schwangere tabu. Gegebenenfalls müssen die Arbeitsbedingungen entsprechend umgestaltet werden. Zudem gibt es einen weitreichenden Kündigungsschutz. Des Weiteren wird während des Mutterschutzes Mutterschutzgeld gezahlt.


09.03.2016
Wechsel in ein befristetes Arbeitsverhältnis führt nicht unbedingt zu einer Sperre beim Arbeitslosengeld

Gibt ein Arbeitnehmer seinen festen, unbefristeten Job zugunsten eines befristeten Arbeitsverhältnisses auf, so verhängt die Agentur für Arbeit nach Beendigung dieser Befristung oftmals eine dreimonatige Sperre beim Bezug von Arbeitslosengeld. Begründet wird dies damit, dass der Arbeitnehmer schuldhaft an der Herbeiführung seine Arbeitslosigkeit mitgewirkt hat. Dies gilt jedoch nicht immer, wie eine Entscheidung des Sozialgerichts Speyer vom 17.2.2016 zeigt.Der Wechsel von einem unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis führt bei einer anschließenden Arbeitslosigkeit nicht ohne weiteres zum Eintritt einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Eine Sperrzeit kommt nur in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer ein anderes Verhalten hätte zugemutet werden können. Dies ist nicht der Fall, wenn die befristete Beschäftigung mit deutlich besseren Arbeitsbedingungen verbunden war als die vorherige unbefristete Beschäftigung (SG Speyer 17.2.2016, S 1 AL 63/15).

07.02.2016
Befristete Arbeitsverträge mit Profi-Fußballern sind sachlich gerechtfetigt

Auch für Arbeitsverträge zwischen Bundesliga-Vereinen und ihren Lizenzspielern gilt, dass eine Befristung gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG grds. durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein muss. Diese Voraussetzung ist allerdings regelmäßig erfüllt, da die Befristung durch die Eigenart der Arbeitsleistung als Profifußballspieler gerechtfertigt ist (Sachgrund gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG) (LAG Rheinland-Pfalz 17.2.2016, 4 Sa 202/15)


17.02.2016
Kranke Arbeitnehmer müssen grds. nicht an einem Personalgespräch teilnehmen

Arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer sind grds. nicht verpflichtet, an einem vom Arbeitgeber angeordneten Personalgespräch teilzunehmen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber dem erkrankten Arbeitnehmer gekündigt hat, gegen die Kündigung eine Klage anhängig ist und der Arbeitgeber weder mitgeteilt hat, welchen Inhalt das Personalgespräch haben soll, noch ersichtlich ist, dass das Gespräch Aspekte behandeln soll, die über die bereits erhobenen Vorwürfe hinausgehen. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer dem Gespräch unabhängig davon fernbleiben, ob er nach seinem Gesundheitszustand zur Teilnahme in der Lage wäre (LAG Nürnberg 1.9.2015, 7 Sa 592/14).


15.02.2016
Überstunden-Ausgleich: Arbeitgeber darf Freizeit anordnen

Überstunden dürfen mit bezahlter Freizeit ausgeglichen werden. Erkrankt ein Arbeitnehmer während einer solchen Freistellung, bleibt der Zeitausgleich wirksam (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.11.2015 (5 Sa 342/15)).


11.01.2016
CGZP: Rentenversicherung kann von Zeitarbeitsunternehmen Sozialversicherungsbeiträge nachfordern - aber hohe Darlegungslast

Soweit Zeitarbeitsunternehmen ihre Beschäftigten nach dem -unwirksamen - CGZP-Tarifvertrag bezahlt haben, schulden sie nicht nur eine höhere Vergütung, sondern können auch auf Nachzahlung entsprechend höherer Sozialversicherungsbeiträge in Anspruch genommen werden. Vertrauensschutzaspekte stehen dem nicht entgegen. Allerdings müssen an einem entsprechenden Rechtsstreit alle betroffenen Beschäftigten und begünstigten Sozialversicherungsträger beteiligt werden. Im Übrigen muss die Höhe der nachgeforderten Beiträge konkret belegt werden (BSG 16.12.2015, B 12 R 11/14 R).


15.12.2015
Streit mit Ehemann einer Arbeitnehmerin berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Kündigung

Ein Arbeitgeber kann ein Arbeitsverhältnis nicht wegen eines schweren Streits mit dem Ehemann der Arbeitnehmerin kündigen. Selbst wenn insoweit ein Fehlverhalten des Ehemannes vorliegen sollte, sind die Rechtssphären der Eheleute getrennt voneinander zu betrachten. Eine Zurechnung des Fehlverhaltens findet nicht statt (ArbG Aachen 30.9.2015, 2 Ca 1170/15).


15.12.2015
Tod eines Arbeitnehmers: Erben können vom Arbeitgeber Urlaubsabgeltung verlangen (Rechtssprechungsänderung)

Stirbt ein Arbeitnehmer, so geht sein zu diesem Zeitpunkt noch bestehender Urlaubsanspruch nicht unter. Er wandelt sich vielmehr in einen Urlaubsabgeltungsanspruch der Erben um. Das ergibt sich aus der aktuellen EuGH-Rechtsprechung (EuGH, Urt. v. 12.6.2014 - Rs. C-118/13) (ArbG Berlin 7.10.2015, 56 Ca 10968/15).
Sollte sich diese Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts Berlin durchsetzen wäre dies eine Umkehr der bisherigen Rechtsprechung.


14.12.2015
Arbeitnehmer können bei dauerhafter Nachtarbeit einen Nachtarbeitszuschlag von 30 Prozent verlangen

Arbeitnehmer haben, soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, aus § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf einen angemessenen Nachtzuschlag. Angemessen ist normalerweise ein Zuschlag i.H.v. 25 Prozent des Bruttostundenlohns. Bei ständiger Nachtarbeit beläuft sich der angemessene Nachtarbeitszuschlag regelmäßig auf 30 Prozent. Bei Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst kann auch ein Nachtarbeitszuschlag i.H.v. weniger als 25 Prozent angemessen sein (BAG 9.12.2015, 10 AZR 423/14).



17.11.2015
Kündigungsschreiben: Kein Zugang an Sonntagen
Ein Kündigungsschreiben, das der Arbeitgeber an einem Sonntag in den Briefkasten des Arbeitnehmers einwirft, geht diesem grds. nicht mehr am selben Tag zu. Mit einer Kenntnisnahme des Schreibens kann nicht gerechnet werden, da Arbeitnehmer ihre Briefkästen sonntags nicht überprüfen müssen. Dies gilt auch, wenn die Probezeit an einem Sonntag abläuft (LAG Schleswig-Holstein 13.10.2015, 2 Sa 149/15)



23.10.2015
Kündigungsgründe nicht beliebig austauschbar - Kündigung darf keinen "völlig anderen Charakter" erhalten
Kündigungsgründe können im Prozess nicht ausgewechselt werden, wenn die Kündigung dadurch einen "völlig anderen Charakter" bekommt. Ist dies der Fall, liegt kein zulässiges Nachschieben von Gründen vor. Dem Arbeitgeber bleibt nur eine erneute Kündigung (LAG Düsseldorf 24.6.2015, 7 Sa 1243/14).



20.10.2015
Arbeitnehmer haben bei nur kurzfristiger Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ungekürzten Vollurlaub
Wird nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein neues Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber begründet, ist dies zwar in der Regel urlaubsrechtlich eigenständig zu behandeln. Etwas anderes gilt aber, wenn aufgrund vereinbarter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bereits vor Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses feststeht, dass es nur für eine kurze Zeit unterbrochen wird. Dann entsteht ein Anspruch auf ungekürzten Vollurlaub, wenn das zweite Arbeitsverhältnis nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres endet (BAG 20.10.2015, 9 AZR 224/14).



21.09.2015
Arbeitgeber können die bisherige Bezahlung von Raucherpausen einstellen - Keine betriebliche Übung
Arbeitnehmer, die bislang jederzeit eine bezahlte Raucherpause einlegen konnten, haben regelmäßig keinen Anspruch aus betrieblicher Übung auf Fortsetzung dieser Praxis. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber in der Vergangenheit weder die genaue Häufigkeit noch die Dauer dieser Pausen kannte. Denn in diesem Fall fehlt es bereits an einem hinreichend bestimmten Angebot einer Leistung durch den Arbeitgeber (LAG Nürnberg 5.8.2015, 2 Sa 132/15).



16.09.2015
Arbeitgeber verstoßen bei zweimaliger unwirksamer Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin gegen das AGG
Kündigt ein Arbeitgeber einer schwangeren Frau wiederholt ohne die nach § 9 Abs. 3 MuSchG vorgeschriebene Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde, verstößt er gegen das Diskriminierungsverbot aus §§ 7 Abs. 1, 1 AGG. Jedenfalls durch die erneute Kündigung wird die Arbeitnehmerin wegen ihres Geschlechts benachteiligt (LAG Berlin-Brandenburg 16.9.2015, 23 Sa 1045/15).



04.09.2015
Arbeitnehmer können nicht ohne weiteres an extrem weit entfernten Arbeitsort versetzt werden
Selbst wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer einseitig versetzen darf, ist die Versetzung an einen weit entfernten Arbeitsort nur wirksam, wenn er die wechselseitigen Bedürfnisse abwägt und angemessen berücksichtigt. Maßgeblich sind dabei auch die privaten Interessen und familiären Verhältnisse des Arbeitnehmers (LAG Schleswig-Holstein 26.8.2015, 3 Sa 157/15).



01.08.2015
Anforderung "Deutsch als Muttersprache" benachteiligt Bewerber wegen ethnischer Herkunft
Ein Arbeitgeber, der in einer Stellenausschreibung "Deutsch als Muttersprache" verlangt, verstößt gegen das Benachteiligungsverbot aus §§ 7 Abs. 1, 1 AGG. Dieses Auswahlkriterium meint nicht lediglich eine perfekte Beherrschung der Sprache, sondern stellt eine unmittelbare Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft dar (LAG Hessen 15.6.2015, 16 Sa 1619/14).



14.07.2015
Rückzahlungsklausel in einem Vertrag über die Teilnahme an einem dualen Hochschulstudium
Bei einer Klausel in einem Vertrag über die Teilnahme an einem dualen Hochschulstudium, nach der bei Nichtannahme eines angebotenen Arbeitsverhältnisses neben Studiengebühren auch anteilig gezahlte Vergütung zurückzuzahlen ist, handelt es sich nicht um eine überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB. Eine solche Rückzahlungsklausel stellt auch nicht zwangsläufig eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB dar (ArbG Gießen 3.2.2015, 9 Ca 180/14)



07.07.2015
Leistungsabhängige Vergütung darf nicht von der Zahlungsmoral der Kunden abhängig gemacht werden
Eine Vergütungsvereinbarung, wonach der Arbeitnehmer nur dann am Honorar der für Mandanten des Arbeitgebers erbrachten Leistungen beteiligt wird, wenn die Mandanten das Honorar auch tatsächlich bezahlen, ist sittenwidrig. Hierdurch wird das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers in unzulässiger Weise auf den Arbeitnehmer abgewälzt (LAG Hamm 21.4.2015, 14 Sa 1249/14).



10.06.2015
Arbeitslose haben bei hoher Abfindung keinen Anspruch auf einen Gründungszuschuss
Hat ein Arbeitnehmer im Zuge der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses eine hohe Abfindung erhalten (hier: i.H.v. 170.000 Euro) und möchte er sich künftig selbstständig machen, so ist es regelmäßig nicht ermessensfehlerhaft, wenn die zuständige Arbeitsagentur die Gewährung eines Gründungszuschusses ablehnt. Denn die Leistung bezweckt die Sicherung des Lebensunterhalts in der ersten Zeit nach der Existenzgründung. Einer solchen Absicherung bedarf es nicht, wenn der Arbeitslose über hinreichend eigene Mittel verfügt (SG Gießen 29.4.2015, S 14 AL 6/13).



08.06.2015
Sitzstreik im Büro des Vorgesetzten zur Durchsetzung einer Gehaltserhöhung kann eine Kündigung rechtfertigen
Ein mehrstündiger Sitzstreik im Büro des Vorgesetzten zur Durchsetzung einer außertariflichen Gehaltserhöhung kann eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Das gilt z.B. dann, wenn der Arbeitnehmer eine Führungskraft mit Vorbildfunktion ist und den Sitzstreik trotz Deeskalationsversuche des Arbeitgebers und der Androhung einer Kündigung nicht beendet (LAG Schleswig-Holstein 6.5.2015, 3 Sa 354/14).



03.06.2015
Leistungsbonus ist auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechenbar
Nch der herrschenden Meinung sind auf den Mindestlohn nur solche Leistungen des Arbeitgebers anrechenbar, die einen unmittelbaren Bezug zur Arbeitstätigkeit haben, also funkional gleichwertig sind. Ein Leistungsbonus weist anders als z.B. vermögenswirksame Leistungen einen unmittelbaren Bezug zur Arbeitsleistung auf. Er ist daher nicht zusätzlich zu dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro
rutto pro Arbeitsstunde zu zahlen, sondern kann in die Berechn
ng des Mindestlohns einbezogen werden (ArbG Düsseldorf 20.4.2015, 5 Ca 1675/15).



15.05.2015
Rechtsprechungsänderung: Keine Urlaubskürzung wegen Elternzeit mehr nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses können Arbeitgeber den Erholungsurlaub eines Arbeitnehmers nicht mehr gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG wegen dessen Elternzeit kürzen. Die Kürzungsbefugnis setzt voraus, dass der Anspruch auf Erholungsurlaub noch besteht. Daran fehlt es, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat. Die anderslautende bisherige Rechtsprechung beruhte auf der Surrogatstheorie, die der Senat inzwischen vollständig aufgegeben hat (BAG 19.5.2015, 9 AZR 725/13).



15.05.2015
Mindestlohn gilt grds. auch für Feiertage und Krankheitszeiten des Arbeitnehmers

Arbeitgeber müssen einen tariflichen Mindeststundenlohn nicht nur für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden zahlen, sondern auch für Feiertage, Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit und im Rahmen der Urlaubsabgeltung. Das ergibt sich aus dem Entgeltausfallprinzip des Entgeltfortzahlungsgesetzes und dem Referenzprinzip des Bundesurlaubsgesetzes. Diese Prinzipien gelten auch, wenn die Mindestlohnregelung keine Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung und zum Urlaubsentgelt enthält (BAG 13.5.2015, 10 AZR 191/14).



05.05.2015
Kündigung als "Strafe" für die Geltendmachung des gesetzlichen Mindestlohns ist unwirksam
Verlangt ein Arbeitnehmer die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns und reagiert der Arbeitgeber hierauf mit dem Angebot, die Arbeitszeit in einem Umfang zu reduzieren, dass bei gleichbleibendem Gehalt die Mindestlohngrenze eingehalten wird, so berechtigt eine Ablehnung des Änderungsangebots den Arbeitgeber nicht zur Kündigung. Eine solche Kündigung stellt eine verbotene Maßregelung i.S.v. § 612a BGB dar (ArbG Berlin 17.4.2015, 28 Ca 2405/15).



16.03.2015
Klageverzicht in Aufhebungsvertrag kann unwirksam sein
Ein Klageverzicht in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Aufhebungsvertrag kann gem. § 307 BGB unwirksam sein, wenn er den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Dies ist bei einem Klageverzicht in einem Aufhebungsvertrag, der zur Vermeidung einer vom Arbeitgeber angedrohten außerordentlichen Kündigung geschlossen wird, der Fall, wenn ein verständiger Arbeitgeber die angedrohte Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte (BAG 12.3.2015, 6 AZR 82/14).



11.03.2015
Anrechnung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht zulässig - auch nicht mittels Änderungskündigung
Es gibt eine erste Entscheidung zur Frage der Anrechnung von Lohnbestandteilen auf den gesetzlichen Mindestlohn gefällt. Danach dürfen Arbeitgeber ein zusätzlich zum Urlaubsentgelt gezahltes Urlaubsgeld sowie eine jährliche Sonderzahlung nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen. Auch eine Änderungskündigung, mit der eine solche Anrechnung erreicht werden solle, sei unwirksam (ArbG Berlin 4.3.2015, 54 Ca 14420/14).



05.03.2015
Arbeitnehmer dürfen grds. nicht mit sinnlosen Tätigkeiten beschäftigt werden
Arbeitgeber verletzen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht eines (hier: schwerbehinderten) Arbeitnehmers, wenn sie ihn mit sinnlosen Tätigkeiten beschäftigen, wie etwa dem täglichen Sortieren von Knöpfen, die abends wieder durcheinander gebracht werden. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall grds. einen Entschädigungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, was anhand einer umfassenden Abwägung zu beurteilen ist (LAG Schleswig-Holstein 30.9.2014, 1 Sa 107/14).



25.02.2015
Klarstellung des Bundesarbeitsministerium: Mindestlohn gilt nicht für Amateursportler
Vertragsamateure im Fußball oder anderen Sportarten, die eine geringe Bezahlung für ihre Spieltätigkeit erhalten, fallen nicht unter das Mindestlohngesetz und haben dementsprechend auch keinen Anspruch auf einen Stundenlohn von mindestens 8,50 Euro. Das gilt selbst dann, wenn sie als Mini-Jobber angemeldet sind. Auf diese "Klarstellung" zum Mindestlohngesetz hat sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles am 23.2.2015 mit Vertretern des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) geeinigt.



25.02.2015
Rechtsprechungsänderung: Keine Kürzung des Urlaubsanspruchs bei Wechsel in Teilzeittätigkeit
Reduziert ein bislang vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer die Zahl seiner Arbeitstage und konnte er zuvor seinen Urlaub nicht nehmen, darf die Zahl der bezahlten Urlaubstage wegen des Übergangs in die Teilzeitbeschäftigung nicht verhältnismäßig gekürzt werden. Das ergibt sich aus dem Urteil des EuGH vom 13.6.2013 (Rs. C-415/12 - "
Brandes", ArbRB 2013, 230). An der anderslautenden bisherigen Rechtsprechung des BAG wird daher nicht mehr festgehalten (BAG 10.2.2015, 9 AZR 53/14 (F))



23.02.2015
Höhere Hürden für die Mitarbeiter-Überwachung: Konkreter Verdacht einer Pflichtverletzung erforderlich
Arbeitgeber dürfen ihre Mitarbeiter nicht ohne weiteres von einem Detektiv überwachen lassen. Erforderlich hierfür ist vielmehr ein auf Tatsachen beruhender konkreter Verdacht einer Pflichtverletzung. Diese kann etwa in dem Vortäuschen einer Krankheit oder in einem Diebstahl liegen. Stellt sich die Überwachung als unzulässig heraus, hat der observierte Arbeitnehmer einen Anspruch auf Schmerzensgeld (BAG 19.2.2015, 8 AZR 1007/13).



14.02.2015
Auch Ausbildungsverhältnisse können durch Verdachtskündigung beendet werden
Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Auszubildenden kann einen wichtigen Grund zur Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG darstellen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Verdacht auch bei Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses dem Arbeitgeber die Fortsetzung der Ausbildung objektiv unzumutbar macht (BAG 12.2.2015, 6 AZR 845/13).



13.02.2015
Freistellung unter Urlaubsanrechnung ist nur bei Zahlung von Urlaubsvergütung wirksam
Kündigt ein Arbeitgeber fristlos und hilfsweise fristgerecht, wird durch eine Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Anrechnung der Urlaubsansprüche für den Fall, dass die fristlose Kündigung unwirksam sein sollte, der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nicht erfüllt. Denn eine wirksame Urlaubsgewährung setzt voraus, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Urlaubsvergütung zahlt bzw. verbindlich zusagt (BAG 10.2.2015, 9 AZR 455/13).



12.02.2015
Befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Erreichen der Rentengrenze ist nicht ohne weiteres sachlich gerechtfertigt
Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien nach Erreichen des Renteneintrittsalters des Arbeitnehmers die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, ist die Befristung nicht ohne weiteres sachlich gerechtfertigt. Der Bezug von gesetzlicher Altersrente allein stellt noch keinen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG dar. Die Befristung kann allerdings sachlich gerechtfertigt sein, wenn sie der Einarbeitung einer Nachwuchskraft dient (BAG 11.2.2015, 7 AZR 17/13).



04.02.2015
Für den Sonderkündigungsschutz ab Ankündigung einer Pflegezeit gilt keine Höchstfrist
Der Kündigungsschutz des § 5 PflegeZG ab Ankündigung einer Pflegezeit ist nicht zeitlich auf eine Höchstfrist vor deren Beginn begrenzt. Daher greift er z.B. auch dann ein, wenn ein Arbeitnehmer für in sechs Monaten eine Pflegezeit von wenigen Tagen ankündigt. Dies ist selbst dann nicht unbedingt rechtsmissbräuchlich, wenn die Ankündigung in Kenntnis einer unmittelbar bevorstehenden Kündigung erfolgt (Thüringer LAG 2.10.2014, 6 Sa 345/13).



03.02.2015
Kein Mindestlohn im reinen LKW-Transitverkehr
Die Bundesregierung setzt die Anwendung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) auf ausländische LKW-Fahrer im reinen Transitverkehr durch Deutschland vorerst aus. Hierüber hat sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles am 30.1.2015 mit ihrem polnischen Amtskollegen verständigt. Die Interimslösung gilt bis zur Klärung europarechtlicher Fragen zur Anwendung des MiLoG auf den Verkehrsbereich.

Die Kernpunkte der Übergangslösung im Überblick:

Sachlicher Anwendungsbereich: Die Übergangslösung gilt nur für den reinen LKW-Transitverkehr durch Deutschland. Nicht erfasst werden dagegen der grenzüberschreitende Straßenverkehr mit Be- und Entladung in Deutschland sowie die sog. Kabotagebeförderung (binnenländische Güterbeförderung durch ausländische Frachtführer).

Keine Kontrollen: Die Kontrollen durch die staatlichen Behörden zur Überprüfung des MiLoG werden im Bereich des reinen Transits ausgesetzt.

Keine OWi-Verfahren: Ordnungswidrigkeitenverfahren nach dem MiLoG werden nicht eingeleitet. Sollten Verfahren eventuell bereits eingeleitet worden sein, werden diese eingestellt.

Aufzeichnungspflichten: Vorerst sind für den reinen Transitbereich keine Meldungen bzw. Einsatzplanungen sowie Aufzeichnungen auf der Grundlage des MiLoG bzw. der hierzu ergangenen Verordnungen abzugeben oder zu erstellen.

Zeitlicher Anwendungsbereich: Diese Übergangslösung gilt so lange, bis die diesbezüglichen europarechtlichen Fragen geklärt sind. Die EU-Kommission hat hierzu am 21.1.2015 ein sog. Pilotverfahren eingeleitet, an dem Deutschland freiwillig teilnimmt. Dessen Ergebnis wird zwischen April und Juni 2015 erwartet. Wenn in diesem Verfahren keine Lösung gefunden wird, kann die EU-Kommission ein offizielles Vertragsverletzungsverfahren einleiten.



12.01.2015
Ist jemand Arbeitnehmer oder nicht? Darlegungslast zur Weisungsgebundenheit
Wer geltend macht, als Arbeitnehmer beschäftigt worden zu sein, muss darlegen, dass die für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsgebundenheit vorgelegen hat. Konkret ist vorzutragen, wer zur Erteilung von bindenden Weisungen befugt war, warum bindende Weisungen erteilt werden konnten und welche Weisungen tatsächlich erfolgt und befolgt worden sind. Es spricht gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses, wenn im zugrunde liegenden Vertrag lediglich Zielv
rgaben enthalten waren und kein
Verpflichtung, persönlich tätig zu werden (LAG Düsseldorf 18.12.2014, 15 Ta 582/14).



15.12.2014
Keine doppelten Urlaubsansprüche bei Arbeitgeberwechsel im laufenden Jahr
Wechselt ein Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr in ein neues Arbeitsverhältnis, so kann er von seinem neuen Arbeitgeber gem. § 6 Abs. 1 BUrlG nur insoweit die Gewährung von Urlaub verlangen, wie der Urlaubsanspruch nicht schon vom alten Arbeitgeber erfüllt worden ist. Der Arbeitnehmer muss deshalb seinem neuen Arbeitgeber mitteilen, dass sein früherer Arbeitgeber seinen Urlaubsanspruch für das laufende Kalenderjahr noch nicht (vollständig oder teilweise) erfüllt hat, und dies im Prozess ggf. nachweisen (BAG 16.12.2014, 9 AZR 295/13).



11.12.2014
Schmerzensgeldanspruch bei Mobbing verwirkt nicht ohne Weiteres durch Zeitablauf
Zwar kann ein Schmerzensgeldanspruch wegen Mobbings (§§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) verwirken, dafür genügen jedoch ein bloßes "Zuwarten" oder die Untätigkeit des Anspruchstellers nicht. Ein Unterlassen begründet nur dann ein Umstandsmoment, wenn aufgrund zusätzlicher besonderer Umstände eine Pflicht zur zeitnahen Geltendmachung besteht (BAG 11.12.2014, 8 AZR 838/13).



10.12.2014

Regelung zum konjunkturellen Kurzarbeitergeld verlängert
Die Bezugsdauer für das konjunkturelle Kurzarbeitergeld bleibt auch für 2015 bei zwölf Monaten. Eine entsprechende Rechtsverordnung hat das Bundesarbeitsministerium am 13.11.2014 erlassen. Voraussetzung für das verlängerte Kurzarbeitergeld ist, dass die Betriebe die Kurzarbeit bis zum 31.12.2015 anzeigen.



08.12.2014
Einschlafen bei der Arbeit rechtfertigt nicht ohne weiteres eine Kündigung
Wenn ein Arbeitnehmer während der Arbeit einschläft, kann dies nicht als Arbeitsverweigerung gewertet werden, die zur sofortigen Kündigung berechtigt. Selbst wenn es sich hierbei um eine Pflichtverletzung handeln sollte, bedarf es vor Ausspruch einer Kündigung einer vorherigen Abmahnung. Eine bereits erteilte Abmahnung wegen Verschlafens des Dienstbeginn ist insoweit nicht einschlägig, so dass ggf. eine weitere Abmahnung auszusprechen ist (Arbeitsgericht Köln 19.11.2014, 7 Ca 2114/14).



02.12.2014
Mindestentgelt in der Pflegebranche gilt auch für Zeiten des Bereitschaftsdienstes
Das Mindestentgelt nach der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) vom 15.7.2010 ist nicht nur für Vollarbeit, sondern auch für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu zahlen. Für solche Zeiten kann zwar grds. ein geringeres Entgelt als für Vollarbeit bestimmt werden. Von dieser Möglichkeit hat der Verordnungsgeber bei der PflegeArbbV aber keinen Gebrauch gemacht. Hiervon abweichende arbeitsvertragliche Vereinbarungen sind daher unwirksam (BAG 19.11.2014, 5 AZR 1101/12). Diese Grundsätze dürften auch für den gesetztlichen Mindestlohn gelten. Hier heißt es in § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG: "Die Höhe des Mindestlohns beträgt ab dem 1. Januar 2015 brutto 8,50 Euro je Zeitstunde." Eine ausdrückliche Sonderregelung zur Entlohnung von Bereitschaftsdiensten enthält das Gesetz nicht.



18.11.2014
Arbeitszeugnis: Arbeitnehmer müssen überdurchschnittliche Leistung beweisen
Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, dass er die ihm übertragenen Aufgaben "zur vollen Zufriedenheit" erfüllt hat, so entspricht dies nach wie vor einer durchschnittlichen Leistung und damit der Schulnote "befriedigend". Das gilt auch, wenn in der einschlägigen Branchen fast 90 Prozent der Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis mit der Gesamtnote "gut" oder "sehr gut" erhalten. Begehrt der Arbeitnehmer eine bessere als eine befriedigende Leistungsbeurteilung, muss er daher weiterhin darlegen und ggf. beweisen, dass seine Leistungen "gut" oder "sehr gut" waren (BAG 18.11.2014, 9 AZR 584/13).



28.10.2014
Arbeitnehmer müssen rechtsunwirksame Versetzung nicht befolgen
Ist eine Versetzung objektiv rechtswidrig, liegt in der Nichtaufnahme der Arbeit am neuen Arbeitsort keine zur Kündigung berechtigende beharrliche Arbeitsverweigerung. Die Rechtsprechung des BAG zur vorläufigen Verbindlichkeit einer unbilligen Direktionsrechtsausübung lässt sich auf das Kündigungsrecht nicht übertragen (LAG Köln 28.8.2014, 6 Sa 423/14).



27.10.2014
Arbeitgeber können Home-Office-Vereinbarungen nicht ohne weiteres kündigen
Arbeitgeber können eine Vereinbarung, wonach der Arbeitnehmer einen Teil seiner Arbeit als "Telearbeit" von zuhause aus verrichten kann, nicht ohne weiteres kündigen, sondern müssen die Grenzen billigen Ermessens beachten. Ein voraussetzungsloses Kündigungsrecht des Arbeitgebers benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist daher unwirksam (LAG Düsseldorf 10.9.2014, 12 Sa 505/14).



20.10.2014
Staffelung der Urlaubsdauer nach dem Alter kann zulässig sein
Arbeitgeber dürfen im Einzelfall älteren Arbeitnehmern mehr Urlaub gewähren als jüngeren (hier: zwei Urlaubstage mehr ab Vollendung des 58. Lebensjahres). Hierin liegt zwar eine Ungleichbehandlung aufgrund des Alters. Diese ist aber nach § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG gerechtfertigt, wenn die Urlaubsregelung dem Schutz älterer Arbeitnehmer dient sowie geeignet, erforderlich und angemessen i.S.v. § 10 Satz 2 AGG ist. Dem Arbeitgeber steht insoweit eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzungsprärogative zu (BAG 21.10.2014, 9 AZR 956/12).

Im Streitfall hat die Beklagte mit ihrer Einschätzung, die in ihrem Produktionsbetrieb bei der Fertigung von Schuhen körperlich ermüdende und schwere Arbeit leistenden Arbeitnehmer bedürften nach Vollendung ihres 58. Lebensjahres längerer Erholungszeiten als jüngere Arbeitnehmer, ihren Gestaltungs- und Ermessensspielraum nicht überschritten.

Bereits 2012 hatte das BAG entschieden, dass die Altersstaffel im TVöD unwirksam war (BAG, Urt. v. 20.3.2012 - 9 AZR 529/10). Besonderheit hier war allerdings, dass die Altersstaffel schon recht früh einsetzte, nämlich mit einer ersten Steigerung mit Vollendung des 30. Lebensjahres und einer zweiten mit Vollendung des 40. Lebensjahres, während für die 50- bis 60-jährigen Beschäftigten keine Steigerung des Urlaubsanspruchs vorgesehen war. Eine solche Regelung diene nicht i.S.v. § 10 Satz 3 Nr. 2 AGG dem Schutz älterer Arbeitnehmer, so das BAG.

Es müssen also besondere Umstände vorliegen, die eine nach Alter gestaffelte Urlaubsdauer rechtfertigen. Dies wird wohl nur bei körperlich besonders anstrengenden Tätigkeiten der Fall sein.



17.10.2014
Dauer-Praktikanten haben nicht ohne weiteres Anspruch auf Arbeitslohn
Praktikanten haben selbst dann, wenn sie über mehrere Monate teilweise reguläre Arbeitstätigkeiten verrichten, nicht ohne weiteres einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt. Auch bei teilweiser Erbringung von Arbeitsleistungen kann ein sozialversicherungsrechtlich geprägtes Praktikantenverhältnis vorliegen. Das gilt insbesondere dann, wenn das Praktikum Bestandteil einer berufsvorbereitenden Maßnahme der Bundesagentur für Arbeit ist (LAG Hamm 17.10.2014, 1 Sa 664/14).



03.09.2014
Entlassung wegen Ausfallzeiten im Zusammenhang mit einer künstlichen Befruchtung verstößt gegen das AGG
Eine Schwangerschaft ist als der Hauptgrund für eine Entlassung anzusehen, wenn einer Arbeitnehmerin aufgrund von Fehlzeiten gekündigt wird, die sich aus einer schwangerschaftsbedingten Arbeitsunfähigkeit ergeben. Entsprechendes gilt für Ausfallzeiten infolge einer künstlichen Befruchtung. In diesem Fall liegt eine unmittelbare, geschlechtsbezogene Benachteiligung i.S.d. AGG vor, die bei Arbeitsverhältnissen im Anwendungsbereich des NV Bühne zu einer Unwirksamkeit der Nichtverlängerungsmitteilung und damit zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses führt (LAG Köln 3.6.2014, 12 Sa 911/13).



26.08.2014
"Tricksen" bei der Zeiterfassung rechtfertigt fristlose Kündigung - auch bei langer Betriebszugehörigkeit
Tut ein Arbeitnehmer nur so, als würde er die Zeiterfassungsanlage bedienen, so kann dies selbst bei langer Betriebszugehörigkeit eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das gilt jedenfalls dann, wenn ein Versehen ausgeschlossen und der Umfang des Arbeitszeitbetrugs erheblich ist (hier bejaht bei 3,5 Stunden in 1,5 Monaten) (Hessisches LAG 17.2.2014, 16 Sa 1299/13).



25.08.2014
Sexuelle Handlungen mit Kettenschaukel in der Nacht können Kündigung rechtfertigen
Quietschende Geräusche aus einer Wohnung in der Nacht (hier: verursacht durch sexuelle, sportliche Handlungen mit einer Kettenschaukel des Mieters) über einen längeren Zeitraum hinweg sind nicht als sozialadäquat anzusehen. Sie können den Vermieter zu einer Kündigung berechtigen (AG München 24.1.2014, 417 C 17705/13).



20.08.2014
Bevollmächtigte Rechtsanwälte haben kein Einsichtsrecht in Personalakte ihrer Mandanten
Nur der Arbeitnehmer selbst hat das Recht, seine Personalakte einzusehen. Dieses Recht kann er grundsätzlich nicht auf Dritte, auch nicht auf einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder Gewerkschaftssekretär übertragen. Etwas anderes kann nur gelten, wenn der Arbeitnehmer unverschuldet daran gehindert ist, die Personalakte einzusehen (LAG Schleswig-Holstein 17.4.2014, 5 Sa 385/13).



19.08.2014
"Dann bin ich eben krank": Krankheit mit Ansage rechtfertigt nicht immer eine Kündigung
Arbeitnehmer dürfen eine Krankheit zwar grds. nicht als "Druckmittel" einsetzen, um den Arbeitgeber zu einem von ihnen gewünschten Verhalten zu veranlassen. Nicht immer rechtfertigt ein solches Verhalten aber eine Kündigung. Diese scheidet insbesondere aus, wenn der Arbeitnehmer objektiv an einer nicht ausgeheilten Grunderkrankung leidet und befürchtet, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert, wenn der Arbeitgeber seinem Verlangen nicht entsprechen sollte (LAG Köln 29.1.2014, 5 Sa 631/13).



12.08.2014
Nur bei Ausflügen des gesamten Betriebs sind Arbeitnehmer gesetzlich unfallversichert
Betriebsausflüge und andere betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen sind grds. nur dann vom Unfallversicherungsschutz umfasst, wenn sie allen Beschäftigten des Unternehmens offenstehen. Ein betrieblicher Ausflug einer kleinen Gruppe von Mitarbeitern ist hingegen nicht versichert (Hessisches LSG 29.4.2014, L 3 U 125/13).



11.08.2014
Arbeitnehmer riskieren bei unhöflichen E-Mails eine Abma
nung
Verhalten
ich Arbeitnehmer unfreundlich gegenüber Kunden des Arbeitgebers, so kann dies eine Abmahnung rechtfertigen. Das gilt insbesondere bei schriftlicher Korrespondenz (hier: E-Mail), da der Arbeitnehmer hier nicht spontan reagieren muss, sondern Zeit hat, sich eine angemessene Antwort zu überlegen (LAG Schleswig-Holstein 20.5.2014, 2 Sa 17/14).



06.08.2014
Womöglich Kehrtwende im Urlaubsrecht: Arbeitgeber haften für nicht gewährten Urlaub auf Schadensersatz - auch ohne Urlaubsantrag
Arbeitgeber müssen den Urlaubsanspruch von sich aus erfüllen. Unterlassen sie dies und verfällt der Urlaub deshalb nach Ablauf des Übertragungszeitraums, kann der Arbeitnehmer daher Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub bzw. einer Abgeltung des Ersatzurlaubs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangen. Das gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer rechtzeitig vor Verfall des Urlaubsanspruchs Urlaub beantragt hat.

Der Sachverhalt:
Der Kläger war bei dem Beklagten beschäftigt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte er u.a. die Abgeltung seines Urlaubs für das Jahr 2012. Diesen hatte der Beklagte nicht gewährt, der Kläger aber auch zuvor nicht geltend gemacht. Das LAG verurteilte den Beklagten zur geforderten Urlaubsabgeltung, ließ allerdings wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage die Revision zum BAG zu.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Abgeltung des 2012 nicht gewährten Urlaubs.

Arbeitgeber müssen den Urlaubsanspruch nach dem BUrlG ebenso wie den Anspruch auf Ruhepausen und Ruhezeiten nach dem ArbeitszeitG von sich aus erfüllen. Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach und verfällt der Urlaubsanspruch deshalb nach Ablauf des Übertragungszeitraums, so haben sie ggf. Schadensersatz in Form eines Ersatzurlaubs zu leisten bzw. diesen Ersatzurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten.

Dieser Schadensersatzanspruch hängt - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urt. v. 15.9.2011 - 8 AZR 846/09) - nicht davon ab, dass sich der Arbeitgeber mit der Urlaubsgewährung in Verzug befunden hat. Der Arbeitnehmer muss daher den Urlaubsanspruch auch nicht rechtzeitig geltend machen, um den Arbeitgeber in Verzug zu setzen.

Nach diesen Grundsätzen muss der Beklagte den nicht gewährten Urlaub abgelten, da er seine Verpflichtung, den Urlaub zu erteilen, schuldhaft verletzt hat (LAG Berlin-Brandenburg 12.6.2014, 21 Sa 221/14)

Mit diesem Urteil stellt sich das LAG Berlin-Brandenburg gegen die derzeitige Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Ob das BAG im Revisionsverfahren dieser Ansicht folgen wird ist unklar. Bis dahin ist diese Entscheidung für andere Gerichte nicht bindend.



07.07.2014
Jubiläumsgeld setzt nicht unbedingt ein fortbestehendes Arbeitsverhältnis voraus
Haben Arbeitnehmer "bei Vollendung" einer bestimmten Beschäftigungszeit einen Anspruch auf ein Jubiläumsgeld, so setzt dies nicht voraus, dass das Arbeitsverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht. Das folgt insbesondere aus dem Sinn und Zweck des Jubiläumsgelds, das ausschließlich die besondere Betriebstreue zum Arbeitgeber belohnen soll und damit nicht auf die Zukunft ausgerichtet ist (BAG 9.4.2014, 10 AZR 635/13).



18.06.2014
Kündigung wegen exzessiver Internet-Nutzung: Auch bei langer Betriebszugehörigkeit keine Abmahnung erforderlich
Eine exzessive Internet-Nutzung während der Arbeitszeit kann grds. auch ohne vorherige Abmahnung eine Kündigung rechtfertigen. Das gilt selbst bei langjähriger Betriebszugehörigkeit (hier: 21 Jahre). Dass man während der Arbeitszeit nicht stundenlang das Internet privat nutzen darf, muss jeder Arbeitnehmer auch ohne entsprechenden Hinweis des Arbeitgebers wissen (LAG Schleswig-Holstein 6.5.2014, 1 Sa 421/13).



10.06.2014
"Low Performern" kann nicht ohne weiteres personenbedingt gekündigt werden
Eine personenbedingte Kündigung wegen Minderleistung setzt voraus, dass die erbrachte Arbeitsleistung die Erwartungen des Arbeitgebers von einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung dermaßen unterschreitet, dass diesem ein Festhalten am Vertrag unzumutbar wird. Vor einer Kündigung muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer grds. auf das Leistungsdefizit aufmerksam machen (LAG Rheinland-Pfalz 25.3.2014, 6 Sa 357/13).



06.06.2014
Verzicht auf Kündigungsschutzklage ist bei entsprechender Gegenleistung des Arbeitgebers wirksam
Der Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage kann im Falle einer angemessenen Kompensation durch den Arbeitgeber (hier: Erteilung eines Arbeitszeugnisses mit der Note "gut") wirksam sein. Eine "Gegenleistung" in diesem Sinne liegt jedoch nicht vor, wenn der Arbeitgeber eine ohnehin bestehende Verbindlichkeit verspricht (LAG Niedersachsen 27.3.2014, 5 Sa 1099/13).



23.05.2014
Bei der Höhe des Urlaubsentgelts sind auch regelmäßige Provisionen zu berücksichtigen
Das Urlaubsentgelt berechnet sich nicht nur nach dem Grundgehalt des Arbeitnehmers, sondern auch nach regelmäßig ausgezahlten Provisionen. Ein finanzieller Nachteil darf auch nicht in der Form hinausgeschoben werden, dass zwar vor dem Urlaub schon verdiente Provisionen mit dem Urlaubsentgelt ausgezahlt werden, sich aber für die Zeit nach dem Urlaub eine Gehaltseinbuße ergibt, weil während des Urlaubs keine Provisionen verdient wurden (EuGH 22.5.2014, C-539/12).



14.05.2014
Auch Personalleiter müssen bei Kündigungen ihre Bevollmächtigung nachweisen
Die Kündigung eines Arbeitnehmers durch einen Bevollmächtigten ist nur wirksam, wenn die Vollmachtsurkunde im Original beigefügt ist oder der Arbeitnehmer über die Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt wurde. Die Stellung als Personalleiter allein genügt als "Inkenntnissetzen" nicht, um das Zurückweisungsrecht nach § 174 Satz 1 BGB auszuschließen. Das gilt jedenfalls dann, wenn keine sonstige Bekanntmachung erfolgt ist (LAG Schleswig-Holstein 25.2.2014, 1 Sa 252/13).



07.05.2014
Auch im ruhenden Arbeitsverhältnis bestehen grds. gesetzliche Urlaubs(abgeltungs)ansprüche
Der gesetzliche Urlaubsanspruch aus § 1 BUrlG setzt nur den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses und die einmalige Erfüllung der Wartezeit voraus. Er besteht daher auch im ruhenden Arbeitsverhältnis, soweit keine gesetzlichen Sonderregelungen - wie bei der Elternzeit und beim Wehrdienst - bestehen. Auch unbezahlter Sonderurlaub hindert deshalb weder die Entstehung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs noch rechtfertigt er eine Kürzung des gesetzlichen Urlaubs (BAG 6.5.2014, 9 AZR 678/12).



17.04.2014
Berufskraftfahrer riskieren beim Fahren eines LKW unter Alkoholeinfluss eine Kündigung
Führt ein Berufskraftfahrer sein Fahrzeug (hier: einen LKW) unter Alkoholeinfluss, kann ihm aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt werden. Das Fehlverhalten stellt eine schwerwiegende und vorwerfbare Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten und eine Gefährdung anderer dar. Eine Alkoholerkrankung steht dieser Wertung nicht entgegen (ArbG Berlin 3.4.2014, 24 Ca 8017/13).



09.04.2014
Schichtarbeiter haben bei gesundheitlichen Problemen Anspruch auf dauerhaften Einsatz im Tagdienst
Kann eine Krankenschwester aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschichten mehr leisten, ist sie nicht arbeitsunfähig krank. Das Krankenhaus muss sie vielmehr außerhalb der Nachtschichten beschäftigen. Kommt es dem nicht nach, gerät es in Annahmeverzug, da die Krankenschwester weiterhin alle vertraglich geschuldeten Tätigkeiten ausführen kann und demnach keine Unmöglichkeit vorliegt (BAG 9.4.2014, 10 AZR 637/13).



03.03.2014
Betriebsratsmitgliedschaft schützt befristet Beschäftigte nicht vor einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Ein wirksam sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag endet grds. auch dann mit Ablauf der Befristung, wenn der Arbeitnehmer zwischenzeitlich in den Betriebsrat des Unternehmens gewählt worden ist. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitnehmer darlegen und ggf. beweisen kann, dass der befristete Arbeitsvertrag lediglich wegen seiner Wahl in den Betriebsrat nicht verlängert worden ist. In einem solchen Fall kann sich der Arbeitgeber auf die Befristung nicht berufen (LAG Hamm 5.11.2013, 7 Sa 1007/13).



25.02.2014
Amateurfußballer sind nicht ohne weiteres Arbeitnehmer
Amateurfußballer, die vom Verein monatliche Zahlungen (hier: i.H.v. neun bis 2.500 Euro) erhalten, sind nicht ohne weiteres als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer anzusehen. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis folgt insbesondere nicht schon daraus, dass dem Fußballspieler die Spielorte vorgegeben werden und er den Anordnungen des Trainers folgt. Im Übrigen muss bei den Zahlungen differenziert werden, ob es sich hierbei um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder um eine beitragsfreie Aufwandsentschädigung handelt (LSG Niedersachsen-Bremen 12.11.2013, L 4 KR 383/13 B ER)



21.02.2014
Arbeitgeber dürfen Unterschrift unter Zeugnis nicht mit einem negativen Smiley versehen
Arbeitnehmer haben Anspruch auf ein Zeugnis ohne Geheimzeichen. Ein Smiley in der Unterschrift des Arbeitgebers mit heruntergezogenem Mundwinkel enthält eine negative Aussage, die der Arbeitnehmer nicht hinnehmen muss. Versieht der Arbeitgeber seine Unterschrift immer mit einem Smiley mit lachendem Gesicht, so muss er auch ein Zeugnis entsprechend unterschreiben (ArbG Kiel 18.4.2013, 5 Ca 80 b/13).



20.02.2014
Wenn sich ein Mitarbeiter abfällig über andere Beschäftigte äußert, kann dies zu einer ordentlichen Kündigung führen
Eine Arbeitnehmer in die Klägerin in zu entscheidenden Fall, erhob über ihre Kollegen ehrenrührige Vorwürfe, z.B. dass es während der Arbeitszeit u.a. zu Alkoholexzessen und sexuellen Handlungen gekommen sei. Daraufhin kündigte der beklagte Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist.

Das Gericht erachtete die Kündigung für rechtmäßig. Die Angestellte habe diese Behauptungen zu Unrecht verbreitet und damit ihre Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis massiv verletzt. Auch der Umstand, dass die Arbeitsabläufe in tatsächlich teilweise zu beanstanden gewesen sind, rechtfertige eine solche Handlung nicht. Dem Arbeitgeber war es daher nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis weiter aufrechtzuerhalten
(LAG Berlin- Brandenburg in einem Urteil vom 4.2.2014 - 19 Sa 322/13).



13.01.2014
Mindestlohn-Ta
ifvertra
für das Friseurhandwerk für allgemeinverbindlich erklärt
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat den Mindestlohn-Tarifvertrag für das Friseurhandwerk rückwirkend zum 1.11.2013 für allgemeinverbindlich erklärt. Damit gilt der Mindestlohn auch für solche Friseurbetriebe, in denen Arbeitgeber und Beschäftigte nicht tarifgebunden sind.



20.11.2013
Bei Wutausbruch selbst verletzt: Arbeitnehmer hat trotzdem Anspruch auf Entgeltfortzahlung
Ein Arbeitnehmer hat auch dann Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, wenn er sich bei einem Wutanfall im Betrieb selbst verletzt. Die Entgeltfortzahlung scheidet zwar grds. aus, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit verschuldet hat. Verschuldet in diesem Sinn meint aber nur besonders leichtfertiges, grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten gegen sich selbst. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn ein Arbeitnehmer in einem heftigen Wut- und Erregungszustand kurzzeitig die Kontrolle über sich verliert (Hessisches LAG 23.7.2013, 4 Sa 617/13).



18.11.2013
Stichtagsregelung für Sonderzahlung mit Mischcharakter ist unzulässig
Eine Gratifikation, die sowohl die Betriebstreue des Arbeitnehmers belohnen als auch die im Laufe des Jahres geleistete Arbeit vergüten soll, kann nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am Jahresende abhängig gemacht werden. Eine solche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen benachteiligt unterjährig ausscheidende Arbeitnehmer unangemessen und ist unwirksam. Betroffene Arbeitnehmer haben daher einen Anspruch auf anteilige Zahlung (BAG 13.11.2013, 10 AZR 848/12).

Es empfiehlt sich daher schon einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Regelung klarzustellen, dass das Weihnachtsgeld keinen Entgeltcharakter hat, sondern ausschließlich die Betriebstreue belohnen soll. Eine Formulierung könnte in etwa so aussehen:

Der Arbeitgeber entscheidet im November eines jeden Jahres neu, ob zur Belohnung der Betriebstreue ein Weihnachtsgeld gezahlt wird. Die Zahlung eines Urlaubs- und Weihnachtsgeldes erfolgt freiwillig und begründet auch bei wiederholter Zahlung keinen Rechtsanspruch für die Zukunft und setzt in jedem Fall voraus, dass der Arbeitnehmer zum 01.11. des Jahres in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht.



05.11.2013
Geringfügige Nebentätigkeit für die Konkurrenz rechtfertigt nicht ohne weiteres eine außerordentliche Kündigung
Eine in geringfügigem Umfang ausgeübte Tätigkeit für einen Wettbewerber des Arbeitgebers rechtfertigt ohne vorausgegangene Abmahnung nicht ohne weiteres eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Wettbewerbsverstoß die Interessen des Arbeitgebers allenfalls geringfügig beeinträchtigt und der Arbeitnehmer auch nicht in bewusster Schädigungsabsicht zulasten seines Arbeitgebers gehandelt hat (LAG Düsseldorf 4.9.2013, 4 TaBV 15/13).



04.11.2013
Arbeitgeber dürfen Teilnahme an Weihnachtsfeier mit Überraschungsgeschenk belohnen
Arbeitgeber dürfen die Anwesenheit der Arbeitnehmer auf einer Betriebs- oder Weihnachtsfeier mit einem Überraschungsgeschenk (hier: ein iPad mini) belohnen. Nicht anwesende Arbeitnehmer gehen in diesem Fall leer aus. Das gilt selbst dann, wenn sie unverschuldet - z.B. wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit - an einer Teilnahme gehindert waren. Ein Anspruch auf das Geschenk ergibt sich insbesondere nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (Arbeitsgericht Köln 18.10.2013, 3 Ca 1819/13).



25.10.2013
Insolvenzanfechtung: Rückforderung von Arbeitsvergütung unterliegt keinen tariflichen Ausschlussfristen
Insolvenzverwalter können grds. von einem Arbeitnehmer die Rückzahlung von Arbeitsvergütung zur Masse verlangen, die dieser in der Krise des Unternehmens durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erlangt hat. Der Rückforderungsanspruch unterfällt keinen tariflichen Ausschlussfristen. § 146 InsO, der für die Insolvenzanfechtung auf die Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem BGB verweist, enthält insoweit eine abschließende Sonderregelung (BAG 24.10.2013, 6 AZR 466/12).



17.10.2013
Keine diskriminierende Kündigung bei fehlender Kenntnis über Schwangerschaft
In Fällen, in denen einer Arbeitnehmerin gekündigt wird, ohne dass Kenntnis von ihrer Schwangerschaft bei Zugang der Kündigungserklärung besteht, stellt die Kündigung selbst kein Indiz für eine Benachteiligung wegen des Geschlechtes dar. Das Gleiche gilt auch für ein "Festhalten" an der Kündigung. (BAG 17.10.2013, 8 AZR 742/12).



06.09.2013
Arbeitgeber können Hunde im Büro verbieten
Arbeitgeber können es einem Mitarbeiter untersagen, seinen Hund mit ins Büro bringen. Ein solches Verbot kann selbst dann gerechtfertigt sein, wenn andere Arbeitnehmer ihren Hund mitnehmen dürfen. Das kommt in Betracht, wenn sich die Mitarbeiter durch diesen einen Hund bedroht fühlen und dieser deshalb die Arbeitsabläufe stört. Ob der Hund objektiv bedrohlich ist, spielt insoweit keine Rolle (Arbeitsgericht Düsseldorf 4.9.2013, 8 Ca 7883/12).



02.09.2013
Probezeitkündigung am ersten Arbeitstag wegen Zigarettengeruchs ist unwirksam
Eine Probezeitkündigung kann treuwidrig i.S.v. § 242 BGB und aus diesem Grund unwirksam sein. Dies ist etwa der Fall, wenn einer Arbeitnehmerin bereits an ihrem ersten Arbeitstag im Unternehmen nach zwei Stunden gekündigt wird, weil sie kurz vor Arbeitsbeginn eine Zigarette geraucht hat und deshalb nach Rauch riecht. Dies rechtfertigt selbst in Unternehmen mit betrieblichem Rauchverbot keine sofortige Kündigung (ArbG Saarlouis 28.5.2013, 1 Ca 375/12).



06.08.2013
Zum Zustandekommen von Arbeitsverhältnissen aufgrund von Scheinwerkverträgen
Oftmals versuchen Arbeitgeber die Genehmigungspflicht für eine Arbeitnehmerüberlassung dadurch zu umgehen, dass Sie die Arbeitnehmer nicht verleihen bzw. entleihen, sondern dass zwischen "Verleiher" und "Entleiher" ein Werk- oder Dienstvertrag geschlossen wird. Bei einem solchen Vertrag bestünde keine Pflicht zur Genehmigung, da es sich nicht um eine Arbeitnehmerüberlassung handelt. Ob tatsächlich ein Werk/Dienstvertrag vorliegt ist immer eine Frage des Einzelfalls. Das Risiko einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung ist neben einem Bußgeld vor allem, dass zwischen Entleiher und Arbeitnehmer in diesem Fall ein unbefristetes festes Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes ensteht.

Bei der rechtlichen Unterscheidung zwischen Werk-/Dienstvertrag und Arbeitnehmerüberlassung kommt es vor allem darauf an, ob die Arbeitnehmer in den Betrieb des Dritten (hier: Daimler) eingegliedert waren und vom Dritten arbeitsvertragliche Weisungen erhalten haben. Dabei kommt es nicht auf die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem vermeintlichen Werkunternehmer und dem Dritten an, wenn die Vertragsverhältnisse tatsächlich so nicht gelebt worden sind (LAG Baden-Württemberg 1.8.2013, 2 Sa 6/13).



31.07.2013
Liste der aktuellen Mindestlöhne
Hier finden Sie eine Liste der derzeit geltenden Mindestlöhne in verschiedenen Branchen:

mindestloehnestand10.07.2013.pdf [69 KB]



30.07.2013
Muss der Arbeitgeber im Falle der Arbeitsunfähigkeit auch Lohn weiterzahlen, wenn der Arbeitnehmer dies schuldhaft verursacht hat?
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG entfällt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit selbst schuldhaft verursacht hat. Insoweit reicht allerdings nicht ein Verschulden i.S.v. § 276 BGB aus. Erforderlich ist vielmehr ein besonders leichtfertiges oder gar vorsätzliches Verhalten des Arbeitnehmers. Danach rechtfertigt etwa bei einem Sturz während der Arbeit das Tragen leichter Stoffschuhe in aller Regel keine Versagung der Entgeltfortzahlung (LAG Köln 19.4.2013, 7 Sa 1204/11).

Beispiele für ein Verschulden, das dazu führt, dass keine Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber geschuldet ist sind:

- wenn ein Verkehrsunfall durch grob fahrlässiges Verhalten des ArbN verursacht worden ist, z.B. durchalkoholbedingte Fahruntüchtigkeit, erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen (BAG 5. 4. 62, DB 62, 971), das Überfahren einer Rotlicht zeigenden Ampel (vgl BGH 8. 7. 92, NJW 92, 2418), das Überholen an unübersichtlicher Stelle, das Abkommen von der Straße oder für die Benutzung eines verkehrsunsicheren Fahrzeuges (ArbG Marburg 24. 8. 90, DB 91, 869).
Das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes begründet ebenfalls ein den Entgeltfortzahlungsanspruch ausschließendes Verschulden, wenn die Verletzungen gerade darauf zurückzuführen sind, dass der Sicherheitsgurt nicht angelegt war (BAG 7. 10. 81, DB 82, 496). Ein Verschulden ist auch gegeben, wenn ein ArbN sich als Beifahrer einem wegen Alkoholgenusses fahruntüchtigen Fahrer anvertraut und infolge seiner Alkoholisierung die Fahruntüchtigkeit des Fahrers nicht erkennt (LAG Frankfurt aM 24. 4. 89, DB 89, 2031). Auch sonstige auf Alkoholmissbrauch beruhende Unfälle sind schuldhaft, etwa der Sturz auf einer Treppe (ArbG Bln 20. 5. 80, BB 80, 1858) oder der auf Alkoholmissbrauch beruhende Sturz in einer Gaststätte (BAG 11. 3. 87, BB 87, 1389).

- Sportliche Betätigungen
sind bis hin zum Amateurboxen (BAG 1. 12. 76, AP 42 zu § 1 LFZG) und Drachenfliegen (BAG 7. 10. 81, DB 82, 706) hinzunehmen, sofern der ArbN richtig ausgerüstet und mit der Sportart nicht offensichtlich überfordert ist. Hingegen ist das Kick-Boxen mit Recht als gefährliche Sportart qualifiziert worden, so dass hierbei erlittene Verletzungen selbstverschuldet sind (ArbG Hagen 5. 9. 89, NZA 90, 311). Ein Eigenverschulden liegt ferner vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch die Teilnahme an einer Rauferei eintritt (LAG Köln 22. 6. 88, DB 88, 1703). Bei Betriebsunfällen kommt ein Ausschluss des Entgeltfortzahlungsanspruchs in Betracht, wenn der ArbN grob fahrlässig Unfallverhütungsvorschriften nicht eingehalten hat (LAG Bln 31. 3. 81, DB 82, 707).



19.07.2013
Leiharbeit: Equal Pay-Anspruch kann auch Weihnachtsgeld umfassen
Leiharbeitnehmer haben gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG grds. einen Anspruch auf das gleiche Entgelt wie Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs. Dieser Equal Pay-Anspruch umfasst auch Sonderleistungen, wie etwa das Weihnachtsgeld. Gilt im Entleiherbetrieb insoweit allerdings eine Stichtagsklausel, hat der Leiharbeitnehmer nur dann Anspruch auf die Sonderzahlung, wenn er am Stichtag in dem Unternehmen eingesetzt war (LAG Schleswig-Holstein 21.5.2013, 2 Sa 398/12).



17.07.2013
Auch Schichtarbe
ter können einen Anspruch auf Teilzeitarbeit mit bestimmter Arbeitszeitverteilung haben
Im Mehr-Schicht-Betrieb eingesetzte Arbeitnehmer können - ebenso wie andere Beschäftigte - aus § 8 Abs. 4 TzBfG einen Anspruch auf Teilzeitarbeit mit bestimmter Verteilung der Arbeitszeit haben. Der Anspruch besteht grds. auch dann, wenn zur Erfüllung des Teilzeitwunsches organisatorische Änderungen erforderlich sind. Gewisse organisatorische Anstrengungen sind bei jeder Einrichtung von Teilzeitarbeit erforderlich und gesetzesimmanent. Sie stehen dem Teilzeitbegehren nur dann entgegen, wenn sie über das zumutbare Maß hinausgehen (LAG Köln 10.1.2013, 7 Sa 766/12).



19.06.2013
Kündigung "zum nächstmöglichen Termin" ist bei Hinweis auf die gesetzlichen Fristenregelungen hinreichend bestimmt
Arbeitnehmer müssen einer Kündigungserklärung zwar entnehmen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Hierfür ist aber nicht unbedingt die ausdrückliche Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist erforderlich. Vielmehr reicht auch ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen Fristenregelungen aus, wenn der Arbeitnehmer hierdurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (BAG 20.6.2013, 6 AZR 805/11).

Um möglichen Problemen von vorneherein zu entgehen, sollte in der Kündigung aber dennoch schon der korrekte Beendigungszeitpunkt angegeben werden. Bei Zweifeln, welches der Richtige Zeitpunkt ist, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.



04.06.2013
Ankündigung einer Erkrankung rechtfertigt nicht ohne weiteres eine Kündigung
Kündigt ein Arbeitnehmer an, ab dem nächsten Tag arbeitsunfähig krank zu sein, so kann dies zwar eine Pflichtverletzung darstellen. Besteht aber zum Zeitpunkt der Ankündigung objektiv eine Erkrankung, so stellt dieses Verhalten ohne vorherige Abmahnung keinen Kündigungsgrund dar. Die Behauptung des Arbeitnehmers, er sei bereits im Zeitpunkt der Ankündigung der Arbeitsunfähigkeit krank gewesen, muss der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Arbeitgeber widerlegen (LAG Berlin-Brandenburg 15.3.2013, 10 Sa 2427/12).



27.05.2013
Vorbeschäftigungszeit als Leiharbeitnehmer ist nicht auf Wartefrist für Anwendbarkeit des KSchG anzurechnen
Arbeitnehmer in Betrieben mit in der Regel mehr als 10 Vollzeitarbeitenehmern genießen den besonderen Kündigungsschutz des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), sobald sie länger als 6 Monate im Betrieb beschäftigt waren. Wird ein Leiharbeitnehmer vom Entleiher in ein Arbeitsverhältnis übernommen, so wird die Zeit der Beschäftigung als Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb nicht auf die Wartefrist gem. § 1 Abs. 1 KSchG angerechnet. Das gilt selbst dann, wenn der (Leih-)Arbeitnehmer ununterbrochen auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt war. Eine Zusammenrechnung von mehreren Arbeitsverhältnissen kommt nur in Betracht, wenn mehrere Arbeitsverhältnisse mit demselben Vertragsarbeitgeber bestanden haben (LAG Niedersachsen 5.4.2013, 12 Sa 50/13).



27.05.2013
Arbeitnehmer dürfen trotz Krankschreibung an Bewerbungsgespräch teilnehmen
Nimmt ein Arbeitnehmer während einer Krankschreibung an einem Bewerbungsgespräch teil, so rechtfertigt dies nicht ohne weiteres eine Kündigung. Arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer müssen sich zwar bemühen, möglichst schnell wieder gesund zu werden. Das bedeutet aber nicht, dass sie stets das Bett zu hüten haben oder die eigene Wohnung nicht verlassen dürfen. Vielmehr richtet es sich nach der jeweiligen Krankheit, welche Tätigkeiten einem Arbeitnehmer während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit untersagt sind (LAG Mecklenburg-Vorpommern 5.3.2013, 5 Sa 106/12).



15.05.2013
Verzicht auf Urlaubsabgeltung möglich - Anspruch wird von Erledigungsklausel in Vergleich erfasst

Eine Regelung in einem Vergleich, wonach mit dessen Erfüllung alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erledigt sind, erfasst auch Urlaubsabgeltungsansprüche des Arbeitnehmers. Zwar kann von § 7 Abs. 4 BUrlG, der die Urlaubsabgeltung regelt, grds. nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abgewichen werden. Das gilt aber nur im Hinblick auf einzelvertragliche Abreden, die das Entstehen von Urlaubsabgeltungsansprüchen ausschließen. Hatte der Arbeitnehmer die Möglichkeit, Urlaubsabgeltung in Anspruch zu nehmen und sieht er davon ab, ist der Verzicht wirksam (BAG 14.5.2013, 9 AZR 844/11).



15.04.2013
Arbeitnehmer riskieren bei eigenen Geschäften mit Kunden des Arbeitgebers eine fristlose Kündigung
Wer für Kunden seines Arbeitgebers auf eigene Rechnung tätig wird, riskiert eine fristlose Kündigung wegen unerlaubter Konkurrenztätigkeit. Denn Arbeitnehmer dürfen im Marktbereich ihres Arbeitgebers keine eigenen Dienste und Leistungen anbieten. Eine fristlose Kündigung kommt in einem solchen Fall selbst dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber erst Jahre später von dem Vorfall erfährt, da die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB erst mit Kenntnis von der Pflichtverletzung beginnt (Hessisches LAG 28.1.2013, 16 Sa 593/12).



03.04.2013
Angespanntes Arbeitsklima rechtfertigt noch keinen Mobbing-Vorwurf
Mobbing ist das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren durch Kollegen oder Vorgesetzte. Hierfür ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig. Eine länger andauernde Konfliktsituation reicht hierfür grds. ebenso wenig aus wie eine - vom Direktionsrecht gedeckte - Zuweisung unliebsamer Tätigkeiten oder drastische Kritik des Vorgesetzten (LAG Düsseldorf 26.3.2013, 17 Sa 602/12).



03.04.2013
Wieder einmal: Fristlose Kündigung setzt (fast) immer eine vorherige Abmahnung voraus
Das BAG hat mit Urteil vom 25.10.2012 - 2 AZR 495/11 - entschieden, dass grundsätzlich jede Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung eine Abmahnung voraussetzt und festigt damit seine ständige Rechtsprechung. Nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gelte dies nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten sei oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handele, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich auch für den Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen sei.



20.03.2013
CGZP: BAG klärt Streitfragen zum Equal-pay-Anspruch der Leiharbeitnehmer
Das BAG hat in fünf Entscheidungen wichtige Streifragen zu den Equal-pay-Ansprüchen von Leiharbeitnehmern geklärt, die nach den unwirksamen CGZP-Tarifverträgen vergütet worden sind. Danach steht jetzt u.a. fest, dass die Equal-pay-Ansprüche bereits zu dem arbeitsvertraglich für die Vergütung vereinbarten Zeitpunkt fällig werden und insoweit auch wirksam mit dem Zeitarbeitsunternehmen vereinbarten Ausschlussfristen unterliegen (BAG 13.3.2013, 5 AZR 954/11 u.a).

Im Einzlenen stellte das gericht folgendes fest:

- Bestehen eines Equal-pay-Anspruchs: Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen. Leiharbeitnehmer, in deren Arbeitsverträgen auf die von der CGZP abgeschlossenen "Tarifverträge" Bezug genommen ist, haben daher nach § 10 Abs. 4 AÜG grds. einen Anspruch auf das Arbeitsentgelt, das ein vergleichbarer Stammarbeitnehmer des Entleihers erhalten hat.

- Kein Vertrauensschutz: Etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.

- Unwirksamkeit der Bezugnahme auf mehrgliedrige Tarifverträge: Soweit in neueren Arbeitsverträgen neben oder anstelle einer Verweisung auf CGZP-Tarifverträge auf den mehrgliedrigen Tarifvertrag zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP), der CGZP und einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen vom 15.3.2010 Bezug genommen wird, ist eine solche Klausel intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, wenn sich nicht ersehen lässt, welches der tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll.

- Verfall des Equal-Pay-Anspruchs: Der gesetzliche Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG wird zu dem arbeitsvertraglich für die Vergütung vereinbarten Zeitpunkt fällig. Er unterliegt wirksam vereinbarten Ausschlussfristen. Die Wirksamkeit setzt insbesondere voraus, dass die Verfallfrist drei Monate nicht unterschreitet. Zur Verhinderung des Verfalls genügt eine Geltendmachung des gesetzlichen Anspruchs dem Grunde nach.

- Verjährung des Equal-Pay-Anspruchs: Der gesetzliche Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Leiharbeitnehmer Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen hat (§ 199 Abs. 1 BGB). Dafür reicht die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von den Tatsachen. Auf seine rechtliche Beurteilung der Tariffähigkeit der CGZP kommt es nicht an.

Berechnung des Anspruchs: Der Entgeltanspruch nach § 10 Abs. 4 AÜG besteht während der Dauer der Überlassung an ein entleihendes Unternehmen. Zu seiner Berechnung ist ein Gesamtvergleich aller Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen. Dabei bleibt Aufwendungsersatz außer Betracht, es sei denn, es handelt sich um "verschleiertes" und damit steuerpflichtiges Arbeitsentgelt.



20.03.2013
Leiharbeitnehmer zählen für die Bestimmung der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes mit
In Kleinbetrieben mit in der Regel nicht mehr als 10 Vollzeitbeschäftigten (Teilzeitbeschäftigte zählen anteilig) gibt es keinen besonderen Kündigungsschutz, d.h. der Arbeitgeber braucht keinen Kündigungsgrund und muss nur die Kündigungsfrist beachten.
Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass bei der Berechnung der Zahl der Arbeitnehmer neben den Festangestellten auch die Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind, soweit sie regelmäßig dort eingesetzt sind und nicht nur gelegentlich für Auftragsspitzen angefordert werden (BAG 24.01.2013 – 2 AZR 140/12)



20.03.2013
Rechtsprechungsänderung: Leiharbeitnehmer zählen für die Größe des Betriebsrats im Entleiherbetrieb mit
Leiharbeitnehmer sind bei der für die Größe des Betriebsrats maßgeblichen Anzahl der Arbeitnehmer eines Betriebs grds. zu berücksichtigen. Das gilt jedenfalls dann, wenn regelmäßig eine bestimmte Anzahl von Leiharbeitnehmern im Betrieb eingesetzt wird und ab
iner Betriebsgröße von mehr als 100 Arbeitnehmern. Hier kommt es auf die Wahlberechtigung der Leiharbeitnehmer nicht an (BAG 13.3.2013, 7 ABR 69/11).



13.03.2013
Arbeitnehmer müssen Zeugnis im Betrieb abholen
Arbeitgeber sind in aller Regel nicht verpflichtet, einem Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Zeugnis zuzuschicken. Insoweit liegt vielmehr grds. eine Holschuld vor. Wenn ein Arbeitnehmer ohne vorherigen Abholversuch ein Zeugnis einklagt, hat er daher ggf. die Kosten des erledigten Rechtsstreits zu tragen. Etwas anderes gilt nur, wenn es ihm aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise unzumutbar ist, das Zeugnis im Betrieb abzuholen (LAG Berlin-Brandenburg 6.2.2013, 10 Ta 31/13).



26.02.2013
Genereller Verzicht auf Kündigungsschutz ist unwirksam - auch im Profifußball
Eine Klausel im Anstellungsvertrag, wonach der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis jederzeit gegen Zahlung einer Abfindung von drei Bruttomonatsgehältern kündigen kann und die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ausgeschlossen ist, ist unwirksam. Das Recht, sich gegen unberechtigte Kündigungen zur Wehr zu setzen, kann nicht einseitig zugunsten des Arbeitgebers verkürzt werden. Das gilt auch im Profifußball (hier: Kündigung eines Fußball-Trainers) (ArbG Aachen 22.2.2013, 6 Ca 3662/12).



25.02.2013
Auch Schwerbehinderte müssen für Benachteiligung im Bewerbungsverfahren Indizien vortragen - Evt. aber AuskunftsanspruchAuc
h schwerbehinderte Bewerber, die sich auf eine Benachteiligung i.S.d. AGG im Bewerbungsverfahren berufen, müssen Indizien dafür vortragen, dass ihre schlechtere Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Sie haben zudem grds. keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Auskunft, aus welchen Gründen er die Bewerbung abgelehnt hat. Etwas anderes kann aber gem. § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX gelten, wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen nicht hinreichend nachgekommen ist (BAG 21.2.2013, 8 AZR 180/12).



08.02.2013
Urlaubsabgeltungsanspruch auch für Beamte
Beamte haben nach den Maßgaben der Rechtsprechung des EuGH einen Anspruch auf Abgeltung des unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs, den sie krankheitsbedingt bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen konnten. Der Anspruch ist beschränkt auf den nach der Arbeitszeitrichtlinie gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen pro Jahr, erfasst also weder einen über 20 Tage im Jahr hinaus reichenden Erholungsurlaub noch Arbeitszeitverkürzungstage oder einen Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 SGB IX (BVerwG 31.1.2013, 2 C 10.12).



30.01.2013
Schludrigkeit oder Arbeitszeitbetrug? Arbeitnehmer müssen Arbeitszeiten zeitnah dokumentieren
Ein zur außerordentlichen Kündigung berechtigender Arbeitszeitbetrug setzt bei Arbeitnehmern, die ihre Arbeitszeit selbst erfassen müssen, nicht zwingend voraus, dass sie ihre Arbeitszeit mit unbedingtem Vorsatz falsch dokumentieren. Vielmehr reicht bedingter Vorsatz aus. Dieser liegt bereits dann vor, wenn der Arbeitnehmer die abgeleistete Arbeitszeit nicht zeitnah erfasst, da er damit Fehleintragungen billigend in Kauf nimmt (LAG Rheinland-Pfalz 15.11.2012, 10 Sa 270/12 ).



30.01.2013
iGZ: BAG hat keine Zweifel an der Tariffähigkeit der DGB-Gewerkschaften in der Zeitarbeit
as BAG hat am 19.12.2012 (Az.: 1 AZB 72/12) den Beschluss des LAG Baden-Württemberg vom 20.3.2012 aufgehoben und entschieden, dass keine "vernünftigen Zweifel an der Tariffähigkeit der Mitgliedsgewerkschaften der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit" bestehen. Hierauf hat der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ) am 23.1.2013 hingewiesen. Das LAG Baden-Württemberg hatte in der vorgenannten Entscheidung Zweifel an der Tariffähigkeit der Mitgliedsgewerkschaften der DGB-Tarifgemeinschafat Zeitarbeit geäußert, so dass hier eine ähnliche Gefahr drohte wie im Falle der CGZP.



30.01.2013
Ausschreibung einer Trainee-Stelle für Berufsanfänger kann eine Diskriminierung älterer Bewerber indizieren
Sucht ein öffentlicher Arbeitgeber in einer an "Berufsanfänger" gerichteten Stellenanzeige für ein Traineeprogramm "Hochschulabsolventen" und lehnt er einen grds. geeigneten 36-jährigen Bewerber mit Berufserfahrung ab, so indiziert dies eine Benachteiligung dieses Bewerbers wegen seines Alters. Der Arbeitgeber kann dieses Indiz allerdings widerlegen, wenn er darlegt, dass der Bewerber wegen seiner im Vergleich zu den Mitbewerbern schlechteren Examensnote nicht in die Bewerberauswahl einbezogen worden ist (BAG 24.1.2013, 8 AZR 429/11).



29.01.2013
Zeugnis: Arbeitgeber tragen für schlechtere als "gute" Leistungen die BeweislastVerlangt der Arbeitnehmer, dass seine Leistung im Zeugnis mit "gut" anstatt mit "befriedigend" bewertet wird, so muss der
Arbeitgeber darlegen und beweisen, was einer "guten" Bewertung entgegensteht. Zwar tragen nach der Rechtsprechung des BAG die Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für eine überdurchschnittliche Beurteilung. Eine "gute" Bewertung kann aber nicht (mehr) als überdurchschnittlich angesehen werden, da mittlerweile in über 85 Prozent aller Zeugnisse "gute" oder bessere Leistungen bescheinigt werden (ArbG Berlin 26.10.2012, 28 Ca 18230/11).



09.01.2013
Verletzung eines Lehrers bei Schnellballschlacht mit Schülern gilt als Dienstunfall
Lässt sich ein Lehrer beim Verlassen des Unterrichtsraums von seinen Schülern in eine Schneeballschlacht auf dem Schulgelände verwickeln und erleidet er dabei eine Augenverletzung, so ist dies ein Dienstunfall, für den ihm Unfallfürsorge zu gewähren ist. Dies gilt auch dann, wenn die Schulordnung das Werfen von Schneebällen untersagt (VG Freiburg 4.12.2012, 5 K 1220/11).



09.01.2013
Gekündigte Arbeitnehmer müssen Klagefrist auch bei Fortsetzungsverhandlungen einhalten
Gekündigte Arbeitnehmer müssen gem. § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von drei Wochen Klage erheben, wenn sie die Unwirksamkeit der Kündigung geltend machen möchten. Die Frist gilt auch, wenn der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber noch über eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verhandelt. Solange der Arbeitnehmer keine dahingehende Zusage erhalten hat, handelt er auf eigenes Risiko, wenn er von der vorsorglichen Erhebung einer Kündigungsschutzklage absieht (LAG Berlin-Brandenburg 2.11.2012, 6 Sa 1754/12).



09.01.2013
Verletzung eines Kollegen durch Böller im Dixi-Klo rechtfertigt fristlose Kündigung
Die Verletzung eines Arbeitskollegen durch einen explodierenden Feuerwerkskörper rechtfertigt auch ohne vorherige Abmahnung eine fristlose Kündigung. Das gilt selbst bei langer Betriebszugehörigkeit. Der Rechtmäßigkeit der fristlosen Kündigung steht es auch nicht entgegen, wenn die Verletzung des Kollegen nicht beabsichtigt, sondern Folge eines fehlgeschlagenen Scherzes war.

Der Sachverhalt:
Der Kläger war seit 15 Jahren bei der Beklagten als Gerüstbauer und Vorabeiter beschäftigt. Eines Tages brachte er auf einer Baustelle einen Feuerwerkskörper ("Böller") in einem Dixi-Klo zur Explosion, während sich dort ein Arbeitskollege aufhielt. Dieser zog sich aufgrund der Explosion Verbrennungen am Oberschenkel, im Genitalbereich und an der Leiste zu und war in der Folge drei Wochen arbeitsunfähig.

Die Beklagte ging davon aus, dass der Kläger den Böller von oben in die Toilettenkabine geworfen hatte und kündigte ihm wenige Tage nach dem Vorfall fristlos.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage bestritt der Kläger den Beklagtenvortrag. Er habe den Böller lediglich an der Tür des Klos angebracht, von wo er sich - ungeplant - gelöst habe und dann in die Kabine hineingerutscht und dort explodiert sei. Er habe den Kollegen nicht verletzen wollen. Im Übrigen sei die Pflichtverletzung nicht so gravierend, dass sie unmittelbar eine fristlose Kündigung rechtfertige. Derartige Scherze seien auf Gerüstbaustellen durchaus üblich und gälten als "Stimmungsaufheller". So sei es auch an dem fraglichen Tag geplant gewesen.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wirksam fristlos gekündigt. Ihr war es angesichts der Schwere der Pflichtverletzung nicht zuzumuten, den Kläger auch nur bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen.

Dabei kann offenbleiben, ob der "Böller" von oben in die Toilettenkabine hineingeworfen oder aber an der Tür befestigt worden war, von wo er sich aus Versehen löste und dann in der Kabine explodierte. Denn in beiden Fällen liegt ein tätlicher Angriff auf einen Arbeitskollegen vor, bei dem mit erheblichen Verletzungen zu rechnen war. Bereits darin liegt ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Es ist auch allgemein bekannt, dass der nicht sachgerechte Umgang mit Feuerwerkskörpern zu schweren Verletzungen führen kann. Im Streitfall kommt erschwerend hinzu, dass der betroffene Arbeitskollege in der Toilette keinerlei Reaktions- und Fluchtmöglichkeiten hatte.

Einer vorhergehenden Abmahnung bedurfte es nicht. Für den Kläger spricht zwar die relativ lange Betriebszugehörigkeit. Dem Beklagten war aber die Einhaltung der Kündigungsfrist alles in allem nicht zumutbar. Dies folgt zum einen aus der Schwere der Pflichtverletzung und zum anderen aus dem Umstand, dass der Kläger als Vorarbeiter gerade gehalten gewesen wäre, derartiges Fehlverhalten zu unterbinden (Arbeitsgericht Krefeld 30.11.2012, 2 Ca 2010/12).



09.01.2013
Arbeitgeber dürfen Dauerarbeitsplätze nicht mit Leiharbeitnehmern besetzen

Die Einstellung eines Leiharbeitnehmers auf einem Dauerarbeitsplatz verstößt gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG, da hiernach die Arbeitnehmerüberlassung nur vorübergehend erfolgt. Der Betriebsrat kann deshalb gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG seine Zustimmung zur Einstellung der Leiharbeitnehmer verweigern.

Der Sachverhalt:
Der Arbeitgeber möchte auf Dauer eingerichtete Arbeitsplätze mit jeweils befristet eingesetzten Leiharbeitnehmern besetzen. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung zu diesen Einstellungen, weil er hierin einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG sah. Daraufhin beantragte der Arbeitgeber die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung. Hiermit hatte er vor dem LAG keinen Erfolg. Dieses ließ allerdings die Rechtsbeschwerde zum BAG zu.

Die
Gründe:
Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zu Recht verweigert, weil die Einstellungen gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG verstoßen und damit gesetzwidrig sind. Daher ist der Verweigerungsgrund aus § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG erfüllt.

Eine Arbeitnehmerüberlassung erfolgt nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG "vorübergehend". Auch wenn das Gesetz eine zeitliche Höchstdauer der Arbeitnehmerüberlassung nicht (mehr) regelt und dem Arbeitgeber daher ein Einsatz von Leiharbeitnehmern im Interesse einer flexiblen Arbeitsgestaltung weitgehend erlaubt ist, darf der Einsatz nach dieser Vorschrift nicht auf Dauerarbeitsplätzen erfolgen. Dass die Beschäftigung des jeweiligen Leiharbeitnehmers vorübergehend erfolgen soll, ist dabei unerheblich (LAG Berlin-Brandenburg 19.12.2012, 4 TaBV 1163/12).

Hinweis: Diese Frage ist noch nicht abschließend vom Bundesarbeitsgericht geklärt. Das LAG Berlin-Brandenburg steht mir dieser Rechtsprechung derzeit noch relativ alleine da.



18.12.2012
Arbeitszeugnis: Arbeitnehmer können keine Korrektur einer Dankesformel verlangen
Arbeitgeber sind nicht gesetzlich verpflichtet, in ein Zeugnis eine Schlussformel aufzunehmen, mit der sie sich bei dem Arbeitnehmer bedanken, sein Ausscheiden bedauern oder ihm alles Gute für die Zukunft wünschen. Dementsprechend haben Arbeitnehmer auch keinen Anspruch auf Korrektur einer solchen Schlussformel, wenn sie mit deren Inhalt nicht einverstanden sind. Sie können lediglich verlangen, dass der Arbeitgeber die Schlussformel komplett aus dem Zeugnis streicht (BAG 11.12.2012, 9 AZR 227/11).



18.12.2012
Auch als Schwangerschaftsvertretung eingestellte Frauen müssen ihre Schwangerschaft nicht offenbaren
Die Frage nach einer Schwangerschaft bei der Einstellung ist wegen ihrer geschlechtsdiskriminierenden Wirkung grds. unzulässig. In aller Regel besteht auch keine Offenbarungspflicht der Arbeitnehmerin. Dies gilt selbst dann, wenn sie befristet als Schwangerschaftsvertretung beschäftigt werden soll. (LAG Köln 11.10.2012, 6 Sa 641/12).



28.11.2012
"Whistleblowing": Anzeige gegen Arbeitgeber erst nach Klärungsversuch - Sonst droht eine fristlose Kündigung
Zeigt ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber an, ohne zuvor in einem internen Gespräch eine Klärung versucht zu haben, so rechtfertigt dies regelmäßig eine außerordentliche Kündigung. Das gilt auf jeden Fall dann, wenn der Arbeitnehmer mit der Anzeige auf eine zuvor ausgesprochene ordentliche Kündigung reagiert hat (LAG Köln 5.7.2012, 6 Sa 71/12).



28.11.2012
Urlaubs- und Feiertage sind keine Ausgleichstage im Sinnes des Arbeitzeitgesetzes
In sog. Arbeitszeitschutzkonten zur Überwachung der Höchstarbeitszeit dürfen übergesetzliche Urlaubstage und gesetzliche Feiertage nicht als Ausgleichstage gebucht werden. Auch solche Urlaubstage, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus gewährt werden, dienen der Erholung und zeichnen sich dadurch aus, dass in dieser Zeit die Arbeitsverpflichtung entfällt. Sie sollen dem Arbeitnehmer genauso wie Feiertage gerade keine zusätzliche Belastung bringen (VG Köln 22.11.2012, 1 K 4015/11).



15.11.2012
Bedrohung des Vorgesetzten kann auch bei langjähriger Betriebszugehörigkeit eine fristlose Kündigung rechtfertigen
Bedroht ein Arbeitnehmer in strafrechtlich relevanter Weise seinen Vorgesetzten, so kann dies selbst bei langjähriger Betriebszugehörigkeit eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer wegen eines ähnlichen Vorfalls schon einmal abgemahnt worden ist (ArbG Mönchengladbach 7.11.2012, 6 Ca 1749/12).



28.08.2012
Arbeitnehmer, deren Gehalt über der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegt, haben in der Regel keinen Anspruch auf Überstundenabgeltung
Arbeitnehmer, die im Monat mehr als 5.600 € (West) bzw. 4.800 € (Ost) brutto verdienen, zählen nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts zu den "Besserverdienern" mit der Folge, dass eine gesonderte Vergütung für zusätzlich zur vertraglich vereinbarten Arbeitszeit geleistete Arbeit nicht nach § 612 Abs. 1 BGB erwartet werden kann.
BAG, Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 765/10).



15.08.2012
Für den Nachweis von Überstunden gelten die gleichen Grundsätze wie für die reguläre Arbeitszeit
Die in allgemeinen Geschäftsbedingungen des Arbeitgebers enthaltene Klausel, Überstunden seien mit der Bruttomonatsvergütung abgegolten, ist gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent und unwirksam, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag der Umfang der zu leistenden Arbeitszeit nicht ergibt. Für die Darlegung und den Beweis der Leistung von Überstunden gelten dieselben Grundsätze wie für die Behauptung des Arbeitnehmers, die geschuldete (Normal-)Arbeit verrichtet zu haben (BAG 16.5.2012, 5 AZR 347/11).



15.08.2012
"Arbeitszeitbetrug" rechtfertigt nicht ohne Weiteres eine verhaltensbedingte Kündigung
Nicht jede Falschangabe in der elektronischen Zeiterfassung rechtfertigt eine ordentliche Kündigung i.S.d. § 1 KSchG. Eine Kündigung scheidet jedenfalls dann aus, wenn der Arbeitnehmer zur Ableistung von Überstunden verpflichtet ist und das vereinbarte Kontingent nicht ausgeschöpft wird, dem Arbeitgeber also kein Schaden entstanden ist (LAG Berlin-Brandenburg 13.6.2012, 15 Sa 407/12).



08.08.2012
Urlaubsabgeltungsanspruch verfällt grundsätzlich nach 15 Monaten
Nach langen sich teilweise eidersprechenden Entscheidungen hat das BAG endlich für Klarheit gesorgt: Abgeltungsansprüche für Urlaub, der aufgrund einer durchgehenden Erkrankung über mehrere Jahre nicht genommen werden konnte, verfallen grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (BAG, Urteil vom 7.8.2012, 9 AZR 353/10).

Beispiel: Der Arbeitnehmer ist die gesamten Jahre 2009, 2010 und 2011 Arbeitsunfähig erkrankt. Im April 2012 verlangt er die Abgeltung des Urlaubs, weil sein Arbeitsverhältnis endete. Der Anspruch für 2009 ist mit Ablauf von 15 Monaten nach dem 31.12.2009 verfallen, also am 31.03.2011. Der Urlaub für 2010 ist am 31.03.2012 verfallen. Der Anspruch für 2011 wird erst am 31.03.2013 verfallen. Der Arbeitnehmer kann hier also Urlaubsabgeltung für den gesamten Jahresurlaub 2011 und den Teilurlaub bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im April 2012 verlangen.

Im Übrigen hat das BAG in dieser Entscheidung noch klargestellt, dass ein Urlaubsanspruch auch dann entsteht, wenn das Arbeitsverhältnis ruht, etwa aufgrund des Bezuges einer Erwerbsminderungsrente.



08.08.2012
Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung steigt auf 4,1 Prozent - Unternehmen drohen verstärkte Kontrollen
Seit 1983 erhalten freischaffende Künstler und Publizisten in Deutschland über die Künstlersozialversicherung einen günstigen Zugang zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Die Finanzierung erfolgt durch eigene Beiträge, einen Bundeszuschuss und die Künstlersozialabgabe, die Unternehmen auf Honorare an freischaffende Künstler und Publizisten zahlen.

Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung steigt 2013 von 3,9 auf 4,1 Prozent. Das haben das Bundesarbeits- und das Bundesfinanzministerium auf der Grundlage der Schätzungen des Bedarfs für das folgende Jahr bestimmt. Der Entwurf der Künstlersozialabgabe-Verordnung 2013 wurde jetzt an die beteiligten Verbände und Länder versandt.

Das Bundesarbeitsministerium hat an alle betroffenen Unternehmen appelliert, entsprechende Honorare an die Künstlersozialkasse zu melden. Um auch künftig einen niedrigen Beitragssatz zu sichern, komme es darauf an, lückenlos alle Unternehmen, die künstlerische oder publizistische Leistungen in Anspruch nähmen, auch tatsächlich zur Künstlersozialabgabe heranzuziehen. Die Träger der Deutschen Rentenversicherung hätten angekündigt, im Rahmen von Betriebsprüfungen bei Unternehmen verstärkt auf die Künstlersozialabgabe zu achten. Wer nicht zahle, riskiere Bußgelder bis zu 50.000 Euro.



08.08.2012
Kündigung durch Insolvenzverwalter: Auskunftspflicht über Sozialauswahl gilt auch bei Interessenausgleich mit Namensliste ("Schlecker")
Kommt es zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Betriebsrat zu einem Interessenausgleich mit Namensliste, so wird zwar gem. § 125 Abs. 1 InsO vermutet, dass die daraufhin ausgesprochenen Kündigungen durch dringende betriebliche Gründe bedingt sind, und ist die Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen. Auf Verlangen des gekündigten Arbeitnehmers muss der Insolvenzverwalter aber dennoch im Kündigungsschutzprozess eine hinreichende Auskunft über die Sozialauswahl erteilen (Arbeitsgericht Stuttgart 24.7.2012, 16 Ca 2422/12 u.a).



26.07.2012
Die Kosten für arbeitsgerichtliche Verfahren einschließlich Vergleiche sind steuerlich als Werbungskosten absetzbar
Entstehen dem Arbeitnehmer Aufwendungen für aus dem Arbeitsverhältnis folgende zivil- und arbeitsgerichtliche Streitigkeiten, so spricht nach einem Urteil des BFH regelmässig eine Vermutung dafür, dass die Aufwendungen einen den Werbungskostenabzug rechtfertigenden hinreichenden konkreten Veranlassungszusammenhang zu den Lohneinkünften ausweisen. Die gelte grundsätzlich auch, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs einigen (BFH, Urteil vom 09.02.2012 - VI R 23/10).



20.06.2012
Auch arbeitsfähige Arbeitnehmer müssen Urlaubsabgeltung nicht im laufenden Urlaubsjahr geltend machen
Die bisherige Rechtsprechung, wonach der Urlaubsabgeltungsanspruch als Surrogat des Urlaubsanspruchs, grds. im laufenden Urlaubsjahr geltend gemacht werden muss, wird auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist, aufgegeben. Das Fristenregime des Bundesurlaubsgesetzes findet daher auf diesen Anspruch keine Anwendung mehr (BAG 19.6.2012, 9 AZR 652/10).

Der Sachverhalt:
Der Kläger war beim Beklagten seit dem 4.1.2008 als Manager beschäftigt. Im Kündigungsrechtsstreit der Parteien stellte das Arbeitsgericht mit rechtskräftigem Urteil vom 27.11.2008 fest, dass das Arbeitsverhältnis zum 31.7.2008 endete. Zu diesem Zeitpunkt standen dem Kläger noch einige Tage Urlaub zu. Im Januar 2009 verlangte der Kläger - ohne Erfolg - von der Beklagten, den Urlaub abzugelten. Die daraufhin erhobene Zahlungsklage hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem LAG keinen Erfolg. Auf die Revision des Klägers hob das BAG diese Entscheidungen auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Abgeltung des 2008 nicht genommenen Urlaubs. Der
Anspruch ist - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen - nicht am 31.12.2008 untergegangen. Der gesetzliche Urlaubsabgeltungsanspruch unterfällt als reiner Geldanspruch unabhängig von der Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers nicht dem Fristenregime des Bundesurlaubsgesetzes.

Zwar galten nach der bisherigen Senatsrechtsprechung die Fristen des Bundesurlaubsgesetzes für den Urlaubsanspruch grds. auch für den Urlaubsabgeltungsanspruch, da dieser als Ersatz (Surrogat) des wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr realisierbaren Urlaubsanspruchs verstanden wurde. Der Abgeltungsanspruch musste daher entsprechend § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG grds. im laufenden Urlaubsjahr geltend gemacht werden.

An dieser Surrogatstheorie wird aber nicht mehr festgehalten. Sie wurde im Hinblick auf Arbeitnehmer, die über den Übertragungszeitraum hinaus arbeitsunfähig sind, aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben nach der neueren Rechtsprechung des Senats ohnehin schon aufgegeben. Es gibt keine sachlichen Gründe dafür, warum für einen arbeitsfähigen Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses andere Regeln für den Verfall des Urlaubsabgeltungsanspruchs gelten sollten als für einen arbeitsunfähigen Arbeitnehmer. Daher ist die Surrogatstheorie insgesamt aufzugeben.



20.06.2012
Arbeitnehmer müssen Dienstwagen nach Kündigung und Freistellung regelmäßig nicht sofort zurückgeben
Arbeitgeber können sich zwar wirksam vorbehalten, das Recht des Arbeitnehmers zur privaten Dienstwagen-Nutzung im Fall der Kündigung und Freistellung zu widerrufen. Eine solche Klausel hält der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB stand. Gemäß § 315 BGB muss die Ausübung des Widerrufsrechts aber billigem Ermessen entsprechen. Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen im laufenden Monat sofort zurückgeben soll (BAG 21.3.2012, 5 AZR 651/10).



Trotz fehlender Deutschkenntnisse des Arbeitnehmers: Arbeitgeber muss Arbeitsvertrag nicht unaufgefordert übersetzen
Versteht ein ausländischer Arbeitnehmer kein Deutsch, so obliegt es ihm, vor Unterzeichnung des Formulararbeitsvertrags auf dessen Übersetzung zu bestehen oder sich eine Übersetzung zu besorgen. Unterlässt er dies und unterschreibt den Vertrag "blind", so muss er dessen Regelungen (hier: eine Ausschlussfrist) gegen sich gelten lassen. Das gilt auch, wenn die Vertragsverhandlungen in seiner Muttersprache geführt worden waren und der Arbeitgeber daher wusste, dass er der deutschen Sprache nicht mächtig ist (LAG Rheinland-Pfalz 2.2.2012, 11 Sa 569/11).



Arbeitgeber dürfen Guthaben auf Arbeitszeitkonten nur bei ausdrücklicher Ermächtigung mit Minusstunden verrechnen
Arbeitgeber dürfen das auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiesene Zeitguthaben eines Arbeitnehmers nur dann mit Minusstunden verrechnen, wenn ihnen die der Führung des Arbeitszeitkontos zugrunde liegende Vereinbarung die Möglichkeit dazu eröffnet. Als Ermächtigungsgrundlage kommt insoweit eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag in Betracht (BAG 21.3.2012, 5 AZR 676/11).



Altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer kann unwirksam sein
Eine Regelung wie in § 26 TVöD, wonach Arbeitnehmern nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr Urlaubstage zustehen als jüngeren Beschäftigten, verstößt gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Eine solche Urlaubsstaffelung lässt sich insbesondere nicht mit dem Argument rechtfertigen, dass hierdurch dem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung getragen werde. Rechtsfolge des Verstoßes ist eine Anpassung des Urlaubsanspruchs jüngerer Arbeitnehmer "nach oben" (BAG 20.3.2012, 9 AZR 529/10).



Verdachtskündigung setzt auch bei langjährig beschäftigten Mitarbeitern keinen Nachweis der Täterschaft voraus
Spricht aufgrund verschiedener Indizien eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Arbeitnehmer eine Straftat oder schwerwiegende Pflichtverletzung begangen hat, so kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das gilt auch bei einem langjährig bestehenden Arbeitsverhältnis. Die Täterschaft des Arbeitnehmers muss hierfür nicht nachgewiesen werden (LAG Berlin-Brandenburg 8.2.2012, 24 Sa 1800/11).



Zur Entschädigung wegen Benachteiligung eines schwerbehinderten Bewerbers
Ein öffentlicher Arbeitgeber hat nach § 82 S. 2 SGB IX einen schwerbehinderten Menschen, der sich auf eine ausgeschriebene Stelle unter Mitteilung seiner Schwerbehinderteneigenschaft beworben hat, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, es sei denn, diesem fehlt offensichtlich die fachliche Eignung für die Stelle. Eine unterbliebene Einladung ist ein Indiz für die Vermutung, der Bewerber sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden; diese Vermutung kann der Arbeitgeber durch Beweis des Gegenteils widerlegen (BAG 16.2.2012, 8 AZR 697/10).



Frage nach der Schwerbehinderung in - seit mindestens sechs Monate bestehenden - Arbeitsverhältnissen zulässig
Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist jedenfalls nach sechs Monaten, also nach dem Erwerb des Sonderkündigungsschutzes für behinderte Menschen, die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung zulässig. Das gilt insbesondere zur Vorbereitung von beabsichtigten Kündigungen (BAG 16.2.2012, 6 AZR 553/10). Vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ist diese Frage jedoch unzulässig, d.h. wird der Bewerber danach gefragt darf er lügen. Zudem läuft der Arbeitgeber Gefahr, bei einer Ablehnung des Bewerbers sich Schadensersatzansprüchen nach dem AGG wegen Diskriminierung auszusetzen.



Arbeitnehmer dürfen im Bewerbungsverfahren nicht über ihre gesundheitliche Eignung für die Stelle täuschen
Täuscht ein Arbeitnehmer den Arbeitgeber bei Abschluss des Arbeitsvertrags bewusst über persönliche Eigenschaften, die für das Arbeitsverhältnis von Bedeutung sind, so rechtfertigt dies die Anfechtung des Arbeitsvertrags und damit die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ein solcher Fall liegt etwa vor, wenn ausdrücklich Beschäftigte für die Nacht- und Wechselschicht gesucht werden und der Arbeitnehmer im Einstellungsverfahren verschweigt, dass er aus gesundheitlichen Gründen nachts nicht arbeiten darf (Hessisches LAG 21.9.2011, 8 Sa 109/11).



Mobbing: Schadenersatzanspruch gegen Kollegen setzt sozialinadäquates Verhalten voraus
Ein Arbeitnehmer kann einen Kollegen nur dann wegen Mobbings auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in Anspruch nehmen, wenn die beanstandeten Handlungen die Grenzen sozial- und rechtsadäquaten Verhaltens in üblichen Konfliktsituationen überschreiten. Im Arbeitsleben übliche Auseinandersetzungen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, erfüllen daher nicht die Voraussetzungen eines Schadenersatz- oder Schmerzensgeldanspruchs (LAG Hamm 19.1.2012, 11 Sa 722/10).



Anspruch auf Weihnachtsgeld kann vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht werden
Eine Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach der Anspruch auf Weihnachtsgeld ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zum Auszahlungszeitpunkt voraussetzt, hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB grds. stand. Das gilt auch, wenn die Klausel nicht danach differenziert, wer das Arbeitsverhältnis gekündigt hat. Der Eintritt der Bedingung gilt allerdings gem. § 162 Abs. 2 BGB als nicht erfolgt, wenn der Arbeitgeber diese treuwidrig herbeigeführt hat (BAG 18.1.2012, 10 AZR 667/10).



Urlaubsansprüche gehen gem. § 7 Abs. 3 BUrlG spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres unter
Urlaubsansprüche gehen gem. § 7 Abs. 3 BUrlG bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres unter und sind bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten. Eine hiervon abweichende Auslegung von § 7 Abs. 3 BUrlG ist nach dem Urteil des EuGH vom 22.11.2011 (Rs. C-214/10 - "Schulte") unionsrechtlich nicht geboten. (LAG Baden-Württemberg 21.12.2011, 10 Sa 19/11).



Freistellung schützt Arbeitnehmer nicht vor einer fristlosen Kündigung
Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bis zum vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses freigestellt, so schließt dies eine fristlose Kündigung während der Freistellung nicht aus. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber erst in diesem Zeitraum Kenntnis von einer schwerwiegenden Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten erhält. Eine derart schwere Pflichtverletzung liegt z.B. vor, wenn ein Bankberater kurz vor Beginn der Freistellung zahlreiche dem Bankgeheimnis unterliegende Daten der von ihm betreuten Kunden an seine private E-Mail-Adresse schickt (Hessisches LAG 29.8.2011, 7 Sa 248/11).



Urlaubsabgeltungsanspruch von langzeiterkrankten Arbeitnehmern darf auf 15 Monate beschränkt werden
Eine tarifvertragliche Regelung, wonach Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub bei Langzeiterkrankung nicht zeitlich unbegrenzt angesammelt werden können, sondern 15 Monate nach Ablauf des Bezugszeitraums erlöschen, ist mit dem Unionsrecht vereinbar. Dieses verlangt lediglich, dass der Übertragungszeitraum die Dauer des Bezugszeitraums deutlich überschreitet (EuGH 22.11.2011, C-214/10).

Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nach langer Krankheit automatisch zukünftig nur noch 15 Monate rückwirkend geltend gemacht werden kann. Der EuGH hat nur eine tarifvertragliche Regelung für zulässig erklärt, nachdem eine Begrenzung auf 15 Monate zulässig ist. Die gesetzliche Befristung des Bundesurlaubsgesetzes mit 3 Monaten ist nach wie vor europarechtswidrig. Nun ist also der deutsche Gesetzgeber gefordert, eine entsprechende Regelung in das Bundesurlaubsgesetz aufzunehmen.



Auch private Arbeitgeber müssen Besetzung freier Stellen mit Schwerbehinderten prüfen - sonst drohen Entschädigungsansprüche
Nach § 81 Abs. 1 SGB IX sind Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob sie freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen können. Um auch arbeitslose oder arbeitssuchend gemeldete schwerbehinderte Menschen berücksichtigen zu können, müssen sie zudem frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufnehmen. Dies gilt auch für private Arbeitgeber. Die Verletzung dieser Pflicht indiziert eine entschädigungspflichtige Benachteiligung eines abgelehnten schwerbehinderten Bewerbers (BAG 13.10.2011, 8 AZR 608/10).

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist mit einem Grad
von 60 schwerbehindert. Er hat eine kaufmännische Berufsausbildung, ein Fachhochschulstudium der Betriebswirtschaft und eine Ausbildung zum gehobenen Verwaltungsdienst absolviert.

Die beklagte Gemeinde hatte eine Stelle für eine Mutterschaftsvertretung in den Bereichen Personalwesen, Bauleitplanung, Liegenschaften und Ordnungsamt ausgeschrieben, auf die sich der Kläger bewarb. Die Beklagte besetzte die Stelle anderweitig, ohne zuvor geprüft zu haben, ob der freie Arbeitsplatz mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden kann. Sie hatte diesbezüglich auch keinen Kontakt zur Agentur für Arbeit aufgenommen.

Der Kläger verlangte daraufhin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG, da ihn die Beklagte wegen seiner Behinderung benachteiligt habe. Arbeitsgericht und LAG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob das BAG die Vorentscheidungen auf und verwies die Sache an das LAG zurück.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte dem Grunde nach aus § 15 Abs. 2 AGG einen Anspruch auf eine Entschädigung.

Die Beklagte hat entgegen ihrer Verpflichtung aus § 81 Abs. 1 SGB IX vor der Besetzung der Stelle nicht geprüft, ob sie diese mit einem schwerbehinderten Menschen besetzen kann. Ferner hat sie es versäumt, zur Ermittlung arbeitsloser oder arbeitssuchend gemeldeter schwerbehinderter Menschen frühzeitig die Agentur für Arbeit einzuschalten.

Diese Prüfpflicht aus § 81 Abs. 1 SGB IX besteht immer und für alle Arbeitgeber - und zwar unabhängig davon, ob sich ein schwerbehinderter Mensch beworben oder bei seiner Bewerbung diesen Status offenbart hat. Verletzt ein Arbeitgeber die Prüfpflicht, so stellt dies ein Indiz dafür dar, dass er einen abgelehnten schwerbehinderten Menschen wegen der Behinderung benachteiligt hat.

Im Streitfall konnte die Beklagte die Vermutung einer solchen Benachteiligung nicht widerlegen, so dass dem Kläger dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch zusteht. Die Sache war an das LAG zurückzuverweisen, damit es über die Höhe der Entschädigung entscheiden kann.



Auch die neue Verweisungsklausel auf CGZP-Tarifverträge ist unwirksam
Die seit dem 15.3.2010 in Formulararbeitsverträge der Leiharbeitsbranche aufgenommene Verweisungsklausel auf die Tarifverträge, die der Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personal-Service-Agenturen (CGZP) und anderen Christlichen Gewerkschaften abgeschlossen hat, ist unwirksam. Auf die Arbeitsverhältnisse finden deshalb nur die gesetzlichen Regelungen Anwendung (ArbG Lübeck 15.3.2011, 3 Ca 3147/10).



Weitere Bestätigung der Rückwirkung des CGZP-Beschlusses des BAG - Ausschlussfristen beginnen erst am 14.12.2010
Verweist ein Arbeitsvertrag mit einem Leiharbeitnehmer auf den CGZP-Tarifvertrag, so kann der Leiharbeitnehmer vom Zeitarbeitsunternehmen das - in der Regel höhere - im Entleiherbetrieb übliche Entgelt verlangen. Das ergibt sich aus dem Beschluss des BAG zur Tarifunfähigkeit der CGZP, der auch für die Zeit vor seiner Verkündung gilt. Eine im Arbeitsvertrag enthaltene dreimonatige Ausschlussfrist beginnt erst mit der Verkündung dieses Beschlusses am 14.12.2010 (LAG Berlin-Brandenburg 20.9.2011, 7 Sa 1318/11).



Stellenanzeige "Geschäftsführer gesucht" benachteiligt Frauen - Entschädigungsanspruch i.H.v. 13.000 Euro
Eine Stellenanzeige mit der Überschrift "Geschäftsführer gesucht" verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des AGG, wenn sie keinen Zusatz "/in" bzw. "m/w" enthält oder den männlichen Begriff im weiteren Kontext der Anzeige nicht relativiert. Frauen, die sich ohne Erfolg um eine solche Stelle bewerben, können daher eine Entschädigung verlangen. Diese muss so hoch bemessen sein, dass sie für die Zukunft eine abschreckende Wirkung entfaltet (OLG Karlsruhe 13.9.2011, 17 U 99/10).



Täuschung im Bewerbungsgespräch rechtfertigt nur bei Ursächlichkeit für die Einstellung eine Anfechtung
Beantwortet ein Bewerber eine zulässige Frage im Bewerbungsgespräch falsch, so kann der Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung berechtigt sein. Das gilt aber nur, wenn die Täuschung für den Abschluss des Arbeitsvertrags ursächlich war. Dies ist nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber in der Klageerwiderung erklärt, er hätte den Arbeitnehmer unabhängig von der Antwort auf die Frage (hier: nach einer etwaigen Schwerbehinderung) eingestellt (BAG 7.7.2011, 2 AZR 396/10).



EuGH-Generalanwältin: Anspruch langzeiterkrankter Arbeitnehmer auf Urlaubsabgeltung kann auf 18 Monate beschränkt werden
Nach der "Schultz-Hoff"-Entscheidung des EuGH haben Arbeitnehmer zwar auch bei jahrelanger Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung. Hieraus folgt aber nicht, dass eine zeitlich unbegrenzte Ansammlung von Urlaubs- bzw. Vergütungsansprüchen unionsrechtlich geboten ist. Der Übertragungszeitraum kann vielmehr - in Anlehnung an das Übereinkommen Nr. 132 der IAO - auf 18 Monate beschränkt werden (EuGH 7.7.2011, Rs. C-214/10 - "Schulte").



Mindestlohn für das Wach- und Sicherheitsgewerbe ab dem 1.6.2011
Für die rund 170.000 Beschäftigten im Wach- und Sicherheitsgewerbe gilt ab dem 1.6.2011 ein gesetzlicher Mindestlohn. Damit werden in- und ausländische Arbeitgeber in der Wach- und Sicherheitsbranche verpflichtet, ihren in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmern den Mindestlohn zu zahlen. Die entsprechende Verordnung ist am 19.5.2011 in Kraft getreten und gilt bis zum 31.12.2013.

Die Mindestlöhne sind regional gestaffelt. Im Einzelnen gelten folgende Mindeststundenlöhne:

Bundesland 1. Juni 2011 1. März 2012 1. Januar 2013
Baden-Württemberg 8,60 € 8,75 € 8,90 €
Bayern 8,14 € 8,28 € 8,42 €
Nordrhein-Westfalen 7,95 € 8,09 € 8,23 €
Hessen 7,50 € 7,63 € 7,76 €
Niedersachsen 7,26 € 7,38 € 7,50 €
Bremen 7,16 € 7,33 € 7,50 €
Hamburg 7,12 € 7,31 € 7,50 €
alle übrigen Länder 6,53 € 7,00 € 7,50 €

Maßgeblich ist insoweit der Arbeitsort, also der jeweiligen Ort der Erbringung der Arbeitsleistung. Der Ort der Erbringung der Arbeitsleistung unterliegt der Aufzeichnungspflicht
.



Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen: Alter kann höher zu bewerten sein als Unterhaltspflichten
Die nach § 1 Abs. 3 BetrVG im Rahmen der Sozialauswahl zu beachtenden Kriterien (Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung), sind zwar grds. gleichrangig. Wenn aber ein Arbeitnehmer altersbedingt denkbar schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat, ist das Lebensalter regelmäßig höher zu bewerten als Unterhaltspflichten. In diesem Fall ist daher die Kündigung eines deutlich jüngeren Arbeitnehmers auch dann angezeigt, wenn dieser ggü. Kindern unterhaltspflichtig ist (LAG Köln 18.2.2011, 4 Sa 1122/10).



Heimliche Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes setzt konkreten Tatverdacht voraus
Die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitsplatzes kommt nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber aufgrund tatsächlicher, nachprüfbarer Anhaltspunkte einen Straftatverdacht auf bestimmte Personen sowie eine bestimmte Tat konkretisieren kann. Liegen diese Voraussetzung nicht vor, ist ein im Kündigungsschutzprozess eingeführter Videobeweis, der die Tatbegehung belegt, nicht verwertbar (ArbG Düsseldorf 3.5.2011, 11 Ca 7326/10 u.a.).



Beabsichtigter Abbau einer Hierarchieebene rechtfertigt nicht ohne Weiteres eine betriebsbedingte Kündigung
Beabsichtigt der Arbeitgeber mit einer Kündigung letztlich nur den Abbau einer Hierarchiestufe und die Verteilung der Aufgaben auf andere Arbeitnehmer, so muss er darlegen, wie sich die Entscheidung konkret auswirkt. Erforderlich sind Ausführungen dazu, ob Aufgaben des gekündigten Arbeitnehmers ersatzlos wegfallen oder wer ggf. die Aufgaben übernehmen soll. Zudem ist darzulegen, dass auf der niedrigeren Hierarchiestufe entsprechende Arbeitszeitkapazitäten frei sind (BAG 16.12.2010, 2 AZR 770/09).

Es reicht also nicht aus, wenn Arbeitgeber wie häufig zu beobachten, lediglich pauschal behaupten, die betreffende Hierarchieebene werde gestrichen und die Aufgaben anderweitig verteilt. Vielmehr muss er haarklein darlegen, wie das funktionieren soll.



Bauarbeiter haben bei vorübergehender Entsendung ins Ausland einen Mindestlohnanspruch
Deutsche Bauunternehmen, die Arbeitnehmer vorübergehend ins Ausland (hier: nach Dänemark) entsenden, ohne dass hierfür eine Vergütungsregelung getroffen wurde, schulden nach § 612 BGB die übliche Vergütung. Diese richtet sich nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe (TV Mindestlohn), sofern im vergleichbaren Wirtschaftskreis tatsächlich keine höhere Vergütung für Auslandseinsätze gewährt wird. Ob in diesen Fällen der Mindestlohn West oder Ost zu zahlen ist, bestimmt sich nach dem Einstellungsort (BAG 20.4.2011, 5 AZR 171/10).



Widerruf einer Zulage: AGB-Klausel kann in Altfällen trotz fehlender Angabe von Widerrufsgründen wirksam sein
Seit der Schuldrechtsreform dürfen Arbeitgeber eine in AGB versprochene Leistung zwar nicht mehr grundlos widerrufen. Ein zuvor vereinbartes formularmäßiges Widerrufsrecht, das diesen Anforderungen nicht genügt, ist aber nicht ohne weiteres unwirksam. Die durch die Neuregelung entstandene Vertragslücke ist vielmehr im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen, so dass in diesen Fällen ein Widerruf bei tatsächlichem Vorliegen eines Widerrufsgrundes wirksam ist (BAG 20.4.2011, 5 AZR 191/10).



Sachgrundlose Befristungen: BAG lockert "Zuvor-Beschäftigungsverbot"
§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, wonach eine sachgrundlose Befristung unzulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat, ist nach einer aktuellen Entscheidung des BAG einschränkend auszulegen: Eine "Zuvor-Beschäftigung" im Sinne dieser Vorschrift liege nach ihrem Zweck und unter Berücksichtigung der Berufswahlfreiheit der Arbeitnehmer nicht vor, wenn ein früheres Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliege (BAG 6.4.2011, 7 AZR 716/09).

Mit dieser Entscheidung beseitigt das BAG die für Arbeitgeber aber auch für Arbeitnehmer teilweise unzumutbare bisherige Rechtslage, nach der ein sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis nicht mehr möglich war, wenn der Arbeitnehmer zuvor irgendwann
inmal, sei es auch unter Umständen Jahrzehnte zuvor, bei dem selben Arbeitgeber beschäftigt war. Zukünftig ist diese Befristung nach einer dreijährigen Pause also möglich.



Mehrjährige Haftstrafe rechtfertigt regelmäßig eine Kündigung
Muss ein Arbeitnehmer eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verbüßen, so kann der Arbeitgeber den Arbeitsplatz regelmäßig dauerhaft neu besetzen und dem inhaftierten Arbeitnehmer ordentlich personenbedingt kündigen. Da der Arbeitnehmer in einem solchen Fall seine Leistungsunmöglichkeit selbst zu vertreten hat, sind dem Arbeitgeber geringere Anstrengungen zur Überbrückung der Fehlzeit zuzumuten als z.B. bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers (BAG 24.3.2011, 2 AZR 790/09.).



CGZP-Entscheidung: Sozialversicherungsträger verlangen Beitragsnachzahlungen bis zum 31.5.2011
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben Zeitarbeitsunternehmen, die die CGZP-Tarifverträge angewendet haben, zu Nachzahlungen aufgefordert. Die betroffenen Arbeitgeber seien gesetzlich verpflichtet, auf der Grundlage des "Equal-Pay“-Anspruchs für ihre Beschäftigten Beiträge nachzuzahlen und Entgeltmeldungen sowie Lohnnachweise entsprechend zu korrigieren. Arbeitgebern, die dieser Aufforderung bis zum 31.5.2011 nicht nachkommen, drohen Säumniszuschläge.



Leiharbeitsunternehmen können kein Kurzarbeitergeld für ihre Arbeitnehmer verlangen
Leiharbeitsunternehmen können für ihre Arbeitnehmer bei einem (hier: streikbedingten) Arbeitsausfall kein Kurzarbeitergeld verlangen. Ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld ist gem. § 170 SGB III Abs. 4 Nr. 1 SGB III u.a. dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitsausfall branchenüblich und damit vermeidbar ist. Hiervon ist in der Leiharbeitsbranche auszugehen. Das Leiharbeitsunternehmen trägt das Beschäftigungsrisiko und darf dieses nicht auf seine Arbeitnehmer oder die Allgemeinheit verlagern (Hessisches LSG 18.3.2011, L 7 AL 21/08)



Wegen CGZP-Entscheidung: Leiharbeitnehmer können rückwirkend höheren ALG-Anspruch haben
Leiharbeitnehmer, die im Anschluss an eine Tätigkeit im Anwendungsbereich eines Tarifvertrags der Christlichen Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personaldienstleistungen (CGZP) arbeitslos waren, können rückwirkend einen höheren Arbeitslosengeld-Anspruch haben. Darauf hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) am 18.3.2011 hingewiesen. Sie reagiert hiermit auf den Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (Az.: 1 ABR 19/10), mit dem die mangelnde Tariffähigkeit der CGZP festgestellt worden ist.



Folgen der Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen CGZP
Mit Beschluss vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - hat das Bundesarbeitsgericht die CGZP als tarifunfähig erkannt. Folge dieses Beschlusses ist unter anderem, dass sämtliche mit der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge unwirksam sind.
Mitarbeiter, die auf der Basis solcher Tarifverträge beschäftigt wurden, haben infolge des Urteils für die Zukunft gegen den Verleiher einen Anspruch auf „equal pay" und ggf. für nicht verjährte Zeiten in der Vergangenheit
einen Anspruch auf Differenzvergütung einschließlich darauf entfallender Sozialversicherungsbeiträge. Hier ist allerdings zu prüfen, ob nicht vertragliche Verfallfristen gelten, die dazu führen, dass rückwirkende Ansprüche zum Großteil nicht mehr geltend gemacht werden können.

Zudem schuldet der Entleiher als selbstschuldnerischer Bürge für nicht verjährte Zeiten (§ 28e SGB IV) die Sozialversicherungsbeiträge auf die Differenzvergütung, wobei diese nach dem Entstehungsprinzip auch dann geschuldet sind, wenn der Arbeitnehmer die Differenz nicht geltend macht oder wegen einschlägiger Verfallfrist nicht geltend machen kann.
Für den Arbeitgeber ist für die Zukunft entweder die Berufung auf die im Frühjahr 2010 erfolgte Bestätigung des bisherigen Tarifwerks durch eine tariffähige Einzelgewerkschaft aus dem Umfeld christlicher Gewerkschaften oder der Wechsel zu einem Tarifvertrag, der von den DGB-Gewerkschaften getragen wird, zu empfehlen.Für die Vergangenheit ist zum einen bei Nachforderungen von Leiharbeitnehmern vom Verleiher zu ermitteln, ob im Entleiherbetrieb einschlägige Ausschlussfristen gelten. Für Unternehmen, die einen Haustarifvertrag mit der CGZP abgeschlossen haben, kommt zusätzlich auch für die Vergangenheit die rückwirkende Bestätigung der bisher geltenden Tarifverträge durch eine tariffähige Einzelgewerkschaft in Betracht.

UPDATE:
Leiharbeitnehmer sind bzgl. "Equal Pay"-Ansprüche nicht an im Entleiherbetrieb geltende Ausschlussfristen gebunden
Leiharbeitnehmer müssen ihren "Equal pay/Equal Treatment"-Anspruch gegen ihren Vertragsarbeitgeber, dem Verleiher, aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht innerhalb der im Entleiherbetrieb geltenden Ausschlussfristen geltend machen. Die Ausschlussfristen gehören nicht zu den "wesentlichen Arbeitsbedingungen" i.S.v. § 10 Abs. 4 AÜG, die der Verleiher den Leiharbeitnehmern "gewähren" muss (BAG 23.3.2011, 5 AZR 7/10).



Tarifliche Altersgrenze von 65 Jahren ist wirksam
Eine tarifliche Altersgrenze, wonach das Arbeitsverhältnis endet, wenn der Arbeitnehmer das 65. Lebensjahr vollendet hat, ist wirksam. Die hierin liegende Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze ist gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG gerechtfertigt. Die Regelung verstößt auch nicht gegen § 10 AGG, der im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben steht (LAG Hamburg 22.2.2011, 4 Sa 76/10).

Gleiches wird wohl auch für entsprechende, weit verbreitete Bestimmungen in Arbeitsverträgen gelten, nach denen das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats ohne Kündigung endet, in dem der Arbeitnehmer das individuelle Renteneintrittsalter erreicht hat.



Eigenmächtiger Urlaubsantritt rechtfertigt nicht in jedem Fall eine außerordentliche Kündigung
Eine eigenmächtige Selbstbeurlaubung stellt zwar eine schwere Pflichtverletzung dar. Sie rechtfertigt aber nicht in jedem Fall eine fristlose Kündigung. Gegebenenfalls kann dem Arbeitgeber eine Beschäftigung des Arbeitnehmers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar sein, z.B. dann, wenn der Arbeitnehmer lange Zeit arbeitsunfähig erkrankt war, sich nicht sicher ist, ob er wieder vollständig genesen ist und subjektiv meint, zur endgültigen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit eines Urlaubs zu bedürfen (LAG Berlin-Brandenburg 26.11.2010, 10 Sa 1823/10).



Unzulässige Videoüberwachung des Arbeitsplatzes: Arbeitnehmer kann Entschädigung verlangen
Ist ein Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz einer permanenten Videoüberwachung ausgesetzt, so stellt dies regelmäßig einen unverhältnismäßigen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar. Dieser rechtfertigt eine Verurteilung des Arbeitgebers zu einer Entschädigung (hier: i.H.v. 7.000 €), da die Persönlichkeitsrechtsverletzung andernfalls ohne Sanktion bliebe und der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (Hessisches LAG 25.10.2010, 7 Sa 1586/09).



Nach dem Lebensalter gestaffelte Urlaubsansprüche verstoßen gegen das Verbot der Altersdiskriminierung
Sieht ein Tarif- oder Arbeitsvertrag nach dem Lebensalter gestaffelte Urlaubsansprüche vor, so stellt dies in der Regel eine unzulässige Altersdiskriminierung dar. Betroffene Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Angleichung nach oben und damit auf Urlaub nach der höchsten Altersstufe. Das folgt aus dem Grundsatz der effektiven und wirksamen Durchsetzung von EU-Rechtsvorgaben.

Der Sachverhalt:
Eine 24-jährige Frau ist als Einzelhandelskauffrau bei der beklagten Einzelhandelskette beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der MTV Einzelhandel NRW Anwendung. Dieser sieht u.a. nach dem Lebensalter gestaffelte Urlaubsansprüche vor. Danach besteht bei einer Sechs-Tage-Woche

bis zum vollendeten 20. Lebensjahr Anspruch auf 30 Urlaubstage,

nach dem vollendeten 20. Lebensjahr Anspruch auf 32 Urlaubstage,

nach dem vollendeten 23. Lebensjahr Anspruch auf 34 Urlaubstage und

nach dem vollendeten 30. Lebensjahr Anspruch auf 36 Urlaubstage.Die Klägerin sah hierin eine unzulässige Altersdiskriminierung. Auf ihre Klage sprach das LAG ihr einen Urlaubsanspruch von 36 Tagen im Jahr zu (LAG Düsseldorf 18.1.2011, 8 Sa 1274/10).

Bestehende Arbeitsverträge sollten daher genau auf Ihre Wirksamkeit geprüft werden. Zwar sind Gründe, die eine Staffelung rechtfertigen könnten, denkbar, allerdings müssen diese dann auch ausdrücklich in die Klausel mit aufgenommen werden.



Klausel in Arbeitsvertrag „Alle Überstunden mit Bezahlung abgegolten“ unwirksam
Arbeitnehmer müssen bereits bei Vertragsschluss erkennen können, welche Leistung sie für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen müssen. Daher ist eine AGB-Klausel, wonach erforderliche Überstunden mit dem Monatsgehalt abgegolten sind, wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam, wenn sich der Umfang der danach ohne zusätzliche Vergütung zu leistenden Überstunden nicht hinreichend deutlich aus dem Arbeitsvertrag ergibt (BAG 1.9.2010, 5 AZR 517/09).



EDV-Administratoren riskieren bei Missbrauch der Zugriffsrechte fristlose Kündigung
EDV-Administratoren dürfen ihre Zugangsrechte nicht nutzen, um E-Mails und Kalendereinträge der gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers einzusehen. Ein solcher Missbrauch der Zugriffsrechte kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Das gilt selbst dann, wenn der EDV-Administrator zugleich Revisor ist. Denn es ist regelmäßig nicht Aufgabe eines Revisors den Arbeitgeber oder seine gesetzlichen Vertreter zu kontrollieren (LAG Köln 14.5.2010, 4 Sa 1257/09).



Rechtsprechungsänderung durch "Emmely": Langjährig Beschäftigte können bei Betrug nicht ohne Weiteres fristlos entlassen werden
Eine Betrugshandlung zulasten des Arbeitgebers (hier mit einem Schaden von 160 €) rechtfertigt bei langjährig Beschäftigten nicht nicht ohne Weiteres eine fristlose Kündigung. Das folgt aus der Rechtsprechungsänderung durch das BAG im sog. "Emmely"- oder Pfandbon-Fall. Danach kommt einer langjährigen und unbeanstandeten Betriebszugehörigkeit eine sehr hohe Bedeutung zu und kann der damit erworbene Vertrauensbestand durch eine einmalige Verfehlung nicht in jedem Fall aufgebraucht werden (LAG Berlin-Brandenburg 16.9.2010, 2 Sa 509/10).



Unrechtmäßiges Einlösen von Pfandbons durch Kassiererin rechtfertigt im Fall "Emmely" keine fristlose Kündigung
Vermögensdelikte zum Nachteil des Arbeitgebers können zwar auch bei einem geringen wirtschaftlichen Schaden eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Maßgeblich sind aber immer die konkreten Umstände des Einzelfalls, die im Rahmen einer umfangreichen Interessenabwägung zu berücksichtigen sind. Diese Interessenabwägung fällt im Fall "Emmely" zugunsten der Klägerin aus. Deren Prozessverhalten (Bestreiten des Vorwurfs und Verdächtigung anderer Mitarbeiter) war nicht zu ihren Lasten zu berücksichtigen (BAG 10.6.2010, 2 AZR 541/09).



Arbeitgeber müssen dem Betriebsrat regelmäßig einen eigenen Drucker zur Verfügung stellen
Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber regelmäßig die Überlassung eines eigenen Druckers verlangen und muss sich nicht auf die Mitbenutzung eines im Betrieb vorhandenen Geräts verweisen lassen. Das gilt jedenfalls dann, wenn auf dem vorhandenen Drucker der Inhalt der Kommunikation gespeichert wird und daher die Vertraulichkeit der Daten nicht gewährleistet ist. Arbeitet der Arbeitgeber mit Farbausdrucken und benutzt er in seinen Schreiben an den Betriebsrat farbige Darstellungen, besteht zudem ein Anspruch auf Überlassung eines Farbdruckers (LAG Hamm 18.6.2010, 10 TaBV 11/10).



Gesetzliche Kündigungsfristen können einzelvertraglich nicht beliebig verkürzt werden
Nach § 622 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BGB kann die gesetzliche Kündigungsfrist durch eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag in Betrieben, in denen weniger als 20 Mitarbeiter beschäftigt sind auf vier Wochen verkürzt werden. Dies gilt jedoch nur für die Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB. Von den verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB kann dagegen nicht durch einzelvertragliche Vereinbarung abgewichen werden, sondern nur durch Tarifvertrag. Hierin liegt keine Benachteiligung nicht tarifgebundener Arbeitsvertragsparteien, da diese die Übernahme der tariflichen Regelung vereinbaren können (Hessisches LAG 14.6.2010, 16 Sa 1036/09).



Beschäftigungszeiten auch vor dem 25. Lebensjahr sind bei Berechnung der Kündigungsfrist zu beachten – Zu kurze Kündigungsfrist ist aber schnell geltend zu machen
§ 622 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach bei der Berechnung der Kündigungsfrist Beschäftigungszeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahrs nicht berücksichtigt werden, ist nach dem Urteil des EuGH vom 19.1.2010 (Rs. C-555/07, "Kücükdeveci") nicht mehr anzuwenden. Arbeitnehmer, die sich gegen eine danach zu kurze Kündigungsfrist zur Wehr setzen möchten, müssen allerdings regelmäßig innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG Klage erheben. Etwas anderes gilt nur, wenn sich die Kündigung als eine solche mit der rechtlich gebotenen Frist auslegen lässt (BAG 1.9.2010, 5 AZR 700/09).



Die Urlaubsabgeltung bei Langzeiterkrankung erfasst in der Regel auch vertragliche Mehrurlaubsansprüche
Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt bei einer 5-Tage-Woche 20 Arbeitstage. Darüber hinaus gewähren Arbeitsverträge oder Tarifverträge jedoch einen zusätzlichen Urlaubsanspruch. 30 Urlaubstage pro Jahr sind mittlerweile fast der Standard.
Nach den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes verfällt der Urlaub am 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres, spätestens jedoch zum 31.03. des Folgejahres. Endet nun das Arbeitsverhältnis nach dem 31.03., so kann keine Abgeltung für nicht genommenen Urlaub verlangt werden, da er verfallen ist.
Nach neuester Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts verfällt der Urlaub jedoch dann nicht, wenn ihn der Arbeitnehmer aufgrund dauernder Krankheit bis zum Beendigungszeitpunkt nicht in der Lage war, den Urlaub in natura zu nehmen. In diesem Fall ist also auch der Urlaub aus dem Vorjahr und ggf. sogar noch längere Zeit vorher abzugelten, soweit er aufgrund durchgehender Krankheit nicht genommen werden konnte.
Streitig war bislang, ob diese Rechtssprechungsänderung nur den gesetzlichen Mindesturlaub oder auch den (tarif-)vertraglichen Zusatzurlaub erfasst. Dies wurde nunmehr in letzterem Sinne entschieden. Soweit sich aus dem Tarif- bzw. Arbeitsvertrag nichts anderes ergibt, umfasst der Anspruch auf Abgeltung von aufgrund Langzeiterkrankung nicht genommenen Urlaubs auch vertragliche Mehrurlaubsansprüche (BAG 4.5.2010, 9 AZR 183/09).

Es empfiehlt sich aus Sicht des Arbeitgebers daher dringend, eine entsprechende Regelung in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, um dies zu verhindern.







Stromdiebstahl im Wert von 1,8 Cent rechtfertigt keine Kündigung
Lädt der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz den Akku eines privat genutzten Geräts (hier: Elektroroller) auf und "entwendet" er dadurch Strom im Wert von 1,8 Cent, so rechtfertigt dies in aller Regel keine Kündigung. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer schon seit vielen Jahren in dem Betrieb beschäftigt ist und der Arbeitgeber das Aufladen privater Handys und den Betrieb digitaler Bilderrahmen duldet. In einem solchen Fall ist lediglich eine Abmahnung gerechtfertigt(LAG Hamm 25.8.2010, 16 Sa 260/10).



Diskriminierende Kündigung: Arbeitnehmer können auch ohne Kündigungsschutzklage Entschädigung geltend machen
§ 2 Abs. 4 AGG, wonach für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz gelten, steht einem Entschädigungsanspruch gem. § 15 Abs. 2 AGG nicht entgegen. Arbeitnehmer müssen daher nicht zunächst gegen die diskriminierende Kündigung Klage erheben, bevor sie eine Entschädigung nach dem AGG geltend machen können (LAG Bremen 29.6.2010, 1 Sa 29/10).